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Bayern wird ab August "rauchfrei"

Es soll ein Volksentscheid sein, der Schule macht: Bayerns Nichtraucher haben nach vierjährigem Hin und Her der Regierung die Quittung für den Zick-Zack-Kurs der vergangenen Jahre erteilt und hoffen, dass weitere Bundesländer dem bayerischen Beispiel folgen.

Nach dem vorläufigen amtlichen Endergebnis stimmten 61 Prozent der Wähler für das strikte Nichtraucherschutzgesetz. Lediglich 39 Prozent votierten für die Beibehaltung der bisherigen Regelung. Die Wahlbeteiligung lag bei 37,7 Prozent. Vom 1. August an gibt es keine Raucherräume mehr, und auch in der kleinsten Bierstube darf nicht mehr geraucht werden. Die Opposition deutet den Volksentscheid als schwere Niederlage des schwarz-gelben Regierungsbündnisses im Freistaat. Schon bei der Auszählung des ersten Ergebnisses deutete sich ein triumphaler Sieg der Rauchgegner an: Im oberpfälzischen Kreis Weiden stimmten 63,2 Prozent für ein ausnahmsloses Verbot. „Ich werde anstoßen auf das Reinheitsgebot der bayerischen Wirtshausluft“, jubelte Sebastian Frankenberger, der Cheforganisator der Nichtraucher-Kampagne, bei der Wahlparty im Münchner Wirtshaus Stemmerhof. Offen ist aber, inwieweit dieser Sieg die Meinung der bayerischen Bevölkerungsmehrheit widerspiegelt. Die Wahlbeteiligung war mit gut einem Drittel niedrig. Offensichtlich gelang es den Initiatoren des Volksentscheids weit besser, ihre Unterstützer zu mobilisieren als der überwiegend von Tabakindustrie und Gastronomie finanzierten Gegenkampagne „Bayern sagt nein“. Es ist auch ein Sieg Davids gegen Goliath: Die Nichtraucher hatten einen Wahlkampf-Etat von etwa 70.000 Euro, die Raucher dank Industrie- und Verbandsspenden mit über 600.000 Euro fast das Zehnfache.

Dritte Gesetzesfassung

In Bayern tritt nun innerhalb von gut zweieinhalb Jahren die mittlerweile dritte Gesetzesfassung des Rauchverbots in Kraft. Der Volksentscheid schließt einen Kreis: Die Ursprungsfassung des bayerischen Rauchverbots trat am 1. Januar 2008 in Kraft und verbot das Rauchen überall in Bayerns Wirtshäusern – ließ aber ein Schlupfloch für geschlossene Gesellschaften. Landesweit erklärten sich daraufhin Tausende von Wirtshäusern zu „Raucherclubs“.

Keine Raucherclubs

Danach kamen die schweren CSU-Verluste bei Kommunal- und Landtagswahl – und die traumatisierte CSU beschloss mit dem ungeliebten Koalitionspartner FDP die Lockerung. Seit vergangenem Sommer war das Rauchen in Bierstuben, Festzelten und Nebenräumen größerer Wirtshäuser wieder erlaubt. Die Aufweichung des Rauchverbots war die Initialzündung für die Rauchgegner, die zuerst ein Volksbegehren und nun auch den Volksentscheid gewannen. Nun wird wieder das strenge Rauchverbot eingeführt – ohne Ausnahme für Raucherclubs.

Kommunen gefordert

Offen ist, ob das Rauchverbot nicht nur auf (Zigaretten)-Papier stehen wird und sich quasi in Rauch auflösen wird: Denn viele bayerische Kommunen haben nie auch nur die leiseste Anstrengung unternommen, schon die bisherigen, weniger strengen Varianten des Rauchverbots durchzusetzen.

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