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Bayern: Motivsuche nach Schuldrama

Nach dem Coburger Schuldrama ermitteln die Fahnder gegen den Vater des 16-jährigen Schützen wegen eines möglichen Verstoßes gegen das Waffenrecht.

Unterdessen schloss die Polizei einen Tag nach der Bluttat ein satanistisches Motiv weitgehend aus. Der 16-jährige Schüler hatte am Mittwoch in einer Realschule mit einer Pistole auf zwei Lehrerinnen gefeuert, eine von ihnen verletzt und sich anschließend mit einem Schuss selbst das Leben genommen. Bei einem bewegenden Gedenkgottesdienst entzündeten Mitschüler am Donnerstag Teelichter und Kerzen.

Hinweise von Mitschülern, der häufig schwarz gekleidete 16-Jährige sei satanistischen oder okkultistischen Kreisen zuzurechnen, bezeichnete ein Polizeisprecher als „reine Spekulation“. Im Zimmer des Schützen stellten die Ermittler Musik-CDs – vornehmlich Heavy Metal – und Schriften sicher. Experten prüfen das Material. Nur sie könnten Hinweise auf ein satanistisches Motiv abschließend klären, sagte der Polizeisprecher.

Offen war zunächst auch, ob der Bursche seine ersten beiden Schüsse gezielt an seiner Klassenlehrerin vorbei abgegeben hat oder die 41-jährige Frau zufällig zwei Mal verfehlte. Die Polizei beschrieb den Schüler als „aufgeschlossen, freundlich und zurückhaltend“. Polizeisprecher Bernhard Schmidt sagte: „Er ist kein Einzelgänger.“

Zur Frage, ob die Bluttat zu verhindern gewesen wäre, sagte Schmidts Kollege Rainer Prediger: „So eine Tat kann immer wieder vorkommen.“ Wenn Eltern Waffen frei zugänglich zu Hause aufbewahren und sich nur wenig um ihre Kinder kümmern, könne sich so ein Drama immer wieder ereignen. „Irgendwann beginnt eine Kausalkette anzulaufen, die dann nicht mehr zu stoppen ist“, sagte der erfahrene Beamte. Auch frühe Hinweise von Mitschülern auf die Prahlereien des 16-Jährigen mit Waffen hätten eine solche Tat verhindern können.

Spezialisten des Kriseninterventionsteams begannen am Donnerstag damit, die Schüler psychologisch zu betreuen, die direkte Augenzeugen des dramatischen Geschehens in der Klasse 8a waren. Bayerns Unterrichtsstaatssekretär Karl Freller (CSU) bescheinigte den beiden Lehrkräften besonnenes Verhalten. Zwar sei Gewaltprävention auch Thema der Lehrerfortbildung. „Allerdings ist jede Vorbereitung zwecklos, wenn sie als Lehrer vorne an der Tafel stehen und plötzlich neben ihnen eine Kugel einschlägt“, sagte Freller in einem Interview der „Nürnberger Zeitung“. Freller: „Das hätte durchaus auch anders ausgehen können.“

Beim Gedenkgottesdienst war die Heilig-Kreuz-Kirche in Coburg bis auf den letzten Platz besetzt. Pfarrer Winfried Züger forderte die Schüler auf, sich gegenseitig an die Hand zu nehmen. Es herrschte eine „sehr bedrückende Stimmung“, berichteten Schüler. Landrat Karl Zeitler sagte zur Aufarbeitung des Geschehens vom Vortag: „Die wichtigste Botschaft lautet: Das Leben muss trotz der schrecklichen Ereignisse weitergehen.“

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