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BAWAG witterte Betrug, zeigte Flöttl aber nicht an

Angesichts der neuerlichen Verluste war der BAWAG-Vorstand "schockiert" (Ex-Vorstandsmitglied Christian Büttner), von "riesigem Entsetzen" geprägt (Ex-Vorstand Hubert Kreuch, der sogar seinen Rücktritt anbot) oder zumindest "sehr irritiert" (Ex-Vorstand Josef Schwarzecker, der dem Aufsichtsratspräsidenten schon zuvor seinen Rücktritt offeriert hatte).

Der spätere Generaldirektor und Elsner-Nachfolger Johann Zwettler gestand dem Gericht: „Die Lücke hat mich verrückt gemacht.“ Er habe sich gefragt, wie sich mit den verlorenen 430 Mio. US-Dollar eine vernünftige Bilanz erstellen lasse.

Zwettler machte klar, dass er in Wolfgang Flöttl den Verantwortlichen für diese Unbill sah: „Er hat sich vertragswidrig verhalten. Auf alle Fälle habe ich gesagt, ich möchte mit Doktor Flöttl keine Verbindung mehr haben.“ Auf die Frage von Richterin Claudia Bandion-Ortner, ob er Flöttl für einen Betrüger halte, erwiderte Zwettler nach einigem Hin und Her: „Wir sind getäuscht, betrogen worden.“

Dessen ungeachtet erstattete die BAWAG keine Anzeige gegen den Investmentbanker. Zwettler erklärte dies damit, Helmut Elsner und der ÖGB – damals Mehrheitseigentümer der Bank – hätten „eine andere Lösung besprochen“. Ex-Aufsichtsratspräsident Günter Weninger, der Flöttl am 19. Dezember 2000 zu einem Vier-Augen-Gespräch traf, um sich das Geschehene erklären zu lassen, gab dazu an, er habe sich „eine Anzeige gewünscht, aber nicht gewünscht, dass der ÖGB Vermögen verliert“. Daher hätten weder er noch ÖGB-Präsident Fritz Verzetnitsch Flöttl angezeigt.

Peter Nakowitz – nicht nur Pressesprecher der Bank, sondern auch Elsners „rechte Hand“ – erläuterte, sein Eindruck sei gewesen, „dass es im Interesse des Eigentümers war, dass Geheimhaltung gegeben war“. In dieser Hinsicht seien „die Interessen der Bank, des Eigentümers und von Doktor Flöttl deckungsgleich gewesen“.

Die ÖGB-Granden – Weninger war damals Finanzchef des Gewerkschaftsbundes – sollen dem BAWAG-Vorstand noch Ende 2000 implizit ihr Vertrauen bekundet haben. Das behaupteten jedenfalls Ex-BAWAG-Generalsekretär Peter Nakowitz und Christian Büttner, der von der Bayerischen Landesbank in den Vorstand entsandt worden war. Kurz vor dem Heiligen Abend fand in den Repräsentationsräumlichkeiten der BAWAG-Zentrale ein „Weihnachtsessen“ statt, an dem Verzetnitsch, Weninger und der gesamte Vorstand teilnahmen. „Ein Signal, dass der Eigentümer hinter dem Vorstand, hinter Elsner steht“, gab Nakowitz zu Protokoll.

Büttner wiederum bemerkte „eine eher amikale Atmosphäre zwischen Verzetnitsch, Weninger und den Vorstandsmitgliedern des ÖGB“. Für ihn war klar, „dass der ÖGB hinter Elsner steht“. Kommentar von Richterin Claudia Bandion-Ortner: „Mich wundert, dass dort noch eine Weihnachtsstimmung aufgekommen ist.“

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