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BAWAG-Prozess - "Und ewig grüßt das Murmeltier"

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Die langwierige Abarbeitung der Fragen an Gutachter Fritz Kleiner im BAWAG-Prozess wird offenbar auch Richterin Claudia Bandion-Ortner langsam zu viel.

“Ich komm mir ein bisschen vor wie in dem Film, ‘Und ewig grüßt das Murmeltier'”, seufzte die Richterin heute Mittwoch, am 94. Verhandlungstag inmitten des Fragemarathons und appellierte: “Einmal muss Schluss sein”. Im Film “Und täglich grüßt das Murmeltier” sitzt ein Reporter in einer Zeitschleife fest und erlebt immer wieder denselben Tag. Der Anwalt von Ex-BAWAG-Chef Helmut Elsner, Wolfgang Schubert, sowie Gutachter Kleiner zeigten jedoch keine Ermüdungserscheinungen.

Schubert verwies darauf, dass im Gutachten an einer Stelle der Begriff “Gläubiger” verwendet werde, in Wirklichkeit müsse es aber “Schuldner” heißen. Im Gutachten heißt es, dass die Firma von Wolfgang Flöttl, die Ross Capital Market, “Gläubiger” der BIF (BAWAG International Finance) in Dublin gewesen sei, in Wahrheit war die Ross Capital aber Schuldner der BIF, weil sie von der BAWAG über die BIF Geld erhalten hatte. “Gläubiger, Schuldner, das kann man schon leicht verwechseln”, versuchte die Richterin den empörten Anwalt Schubert zu kalmieren. “Da stehen lauter Blödheiten im Gutachten”, beschwerte sich Elsner lautstark. Zuvor hatte er sich über Motten in seiner Decke beschwert, mit der er während der Verhandlung seine Beine bedeckt. Die Richterin versprach ihm Mottenkugeln.

Staatsanwalt Georg Krakow drehte den Spieß um und befragte die angeklagten früheren Vorstände, ob sie je geglaubt hätten, dass die Ross Capital wirklich “Gläubiger” der BIF war. “In einer Finanzkonstruktion ist alles möglich”, antwortete Ex-BAWAG-Vorstand Hubert Kreuch. Anwalt Schubert zeigte dann auf, dass Flöttl eine Firma “Ross Capital Markets Ltd.” auf Bermuda und ab 1997 daneben auch noch eine Firma gleichen Namens auf den Cayman Islands besaß. Das Verlust-Audit von Arthur Andersen habe aber nur die Ross Capital auf Bermuda betroffen. “Beide Firmen waren nach dem Verlust 1998 nichts wert”, sagte Flöttl, ob das Geld der BAWAG nun in die Ross Capital auf Bermuda oder in jene auf Cayman Islands geflossen war, sei daher eine “völlig irrelevante Frage”. Über die Ross Capital auf Bermuda seien nach der Gründung der Ross Capital auf den Cayman Islands keine Handelsströme mehr gelaufen, sagte Flöttl.

Wirbel entstand dann im Gerichtssaal, als es um die Frage ging, warum die BAWAG nach dem großen Verlust nicht auf die ihr verpfändeten Anteile von Ross Capital Markets zurückgegriffen habe. “Warum wurde das nicht verwertet? Die Shares (Anteile, Anm.) waren doch zwei Jahre davor 200 bis 400 Mio. Dollar wert”, fragte die Richterin. Eine Übernahme von Flöttls Firma hätte für die BAWAG einen Schritt in eine völlig andere Welt, den anglo-amerikanischen Rechtsraum bedeutet, wandte Ex-BAWAG-Vorstand Christian Büttner ein. Dafür wären langwierige juristische Vorbereitungen notwendig gewesen. Dem widersprach der Anwalt von Flöttl, Christian Hausmaninger, der keinen besonderen juristischen Aufwand für eine Firmenübernahme in der Karibik sieht. Hausmaninger wandte sich an die Richterin: “Frau Rat, dieses Vehikel können Sie innerhalb eines Tages ohne Lizenz übernehmen.”

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