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BAWAG-Prozess geht in die 5. Verhandlungswoche

Nach einwöchiger Pause wird am kommenden Montag im Großen Schwurgerichtssaal des Wiener Straflandesgerichts der BAWAG-Prozess fortgesetzt. Den Beteiligten stehen vermutlich vier lange Verhandlungstage bevor.

Richterin Claudia Bandion-Ortner möchte bis zum Donnerstag die Beschuldigteneinvernahmen abgeschlossen haben.

Bis dahin müssen die so genannten Uni-Bonds-Veranlagungen besprochen werden, die Wolfgang Flöttl für die BAWAG tätigte, nachdem er bereits Bankvermögen von 1 Mrd. Euro verspekuliert hatte. Dessen ungeachtet beschlossen der damalige BAWAG-Generaldirektor Helmut Elsner, sein Nachfolger Johann Zwettler und Elsners „rechte Hand“, der BAWAG-Generalsekretär Peter Nakowitz, Ende 1999, dem Investmentbanker weitere 430 Mio. Euro zukommen zu lassen.

Laut Anklage sollte Flöttl mit dem Kapital innerhalb von fünf bis sechs Jahren den Milliardenverlust wettmachen, wozu es einer jährlichen Rendite von mehr als 30 Prozent bedurft hätte. Der bisherigen Entwicklung zum Trotz glaubten Elsner, Zwettler und Nakowitz offenbar, Fortuna werde Flöttl diesmal hold sein.

Da sie davon ausgingen, der restliche Vorstand werde diesem hochriskanten Deal mit Flöttl junior nicht mehr zustimmen, täuschten sie der Anklage zufolge Christian Büttner, Hubert Kreuch und Josef Schwarzecker mit der Vorgabe, der renommierte Portfolio-Manager Kaveh Alamouti werde dieses Mal das Investment verwalten und bei der Anlagestrategie sieben Risikoklassen bilden.

In Wahrheit wurden zwischen 4. Jänner und 1. März 2000 über drei zwischengeschaltete Stiftungen die Millionen an die von Flöttl beherrschte Ross Global Markets Ltd. überwiesen, ohne den BAWAG-Aufsichtsrat zu informieren. Flöttl veranlagte die Gelder zunächst risikoarm, bis Elsner mit dem Hinweis auf entsprechend höhere Margen mehr Risiko eingefordert haben soll. Flöttl gehorchte, setzte auf steigende Zinsen japanischer Staatsanleihen und schloss Zinsswaps mit Finanzunternehmen wie Lehman Brothers, Goldman Sachs und Credit Suisse ab.

Im August 2000 kam es zu ersten Verlusten, im Herbst war bis auf 13,6 Mio. Euro das gesamte Kapital verloren. Zitat aus der Anklageschrift: „Bis Mitte November 2000 steht endgültig fest: Die Katastrophe ist perfekt.“ Die BAWAG war laut Staatsanwaltschaft “über den Rand der Gefahr einer Insolvenz und des Verlusts der Bankenkonzession“ getreten.

In dieser für die Bank prekären Situation verlangte Elsner gemäß der Anklage eine Gehaltserhöhung und ließ sich zunächst am 2. November 2000 ein im Vorstandsvertrag nicht vorgesehenes außerordentliches Bilanzgeld in Höhe von 581.383 Euro bewilligen und auszahlen. Drei Wochen später soll er den BAWAG-Aufsichtsratspräsidenten Günter Weninger durch Täuschung über Tatsachen – Weninger erfuhr nichts von den neuerlichen Verlusten – dazu gebracht haben, einer Abfindung zuzustimmen, die Elsner 6,82 Mio. Euro einbrachte. Um diese Summe ließ sich Elsner die Anwartschaftsrechte auf eine betriebsinterne Pension ablösen.

Den Bezug des Bilanzgeldes und der Abfindung wertet die Anklagebehörde jeweils als schweren Betrug. In der Anklageschrift finden sich dazu deutliche Worte: „Eine derartige Unverfrorenheit, wie sie Elsner hier an den Tag gelegt hat, ist auch bei versierten Wirtschaftsstraftätern nicht oft zu beobachten.“

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