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Baumeister-Mord: 29-Jährige vor Gericht

Salzburg-Stadt - Am Dienstag hat der Prozess gegen die 29-jährige Sozialhilfeempfängerin begonnen, die einen 64-jährigen Baumeister mit einem Pokal erschlagen und ihm 26 Messerstiche in die Brust versetzt haben soll.
Bilder aus dem Gericht

Keine Tatwaffen, keine Tatzeugen, kein Geständnis, nur Indizien: Unter dieser Voraussetzung hat am Dienstag am Salzburger Landesgericht der Geschworenenprozess gegen eine 29-jährige Sozialhilfeempfängerin begonnen, die am 17. September 2009 in der Stadt Salzburg einen 64-jährigen Baumeister mit einem Pokal erschlagen und ihm auch noch 26 Messerstiche in die Brust versetzt haben soll. Die Staatsanwältin hält die Angeklagte aufgrund der Ermittlungsergebnisse für die Mörderin. Der Verteidiger hingegen ist sich sicher, dass “der wahre Täter noch in Freiheit ist”.

In einem Rollstuhl wurde die Angeklagte, die mit 13 Jahren zum ersten Mal Heroin nahm und seither im Drogenmilieu verkehrte, in den Saal gebracht. Bei ihrer Einvernahme tauchten immer wieder Erinnerungslücken auf, die einen beisitzenden Richter sichtlich verärgerten: Sie könne sich ja nur an Dinge erinnern, die das Opfer in ein schlechtes Licht rückten. An Dinge, die für sie selbst ungünstig seien – beispielsweise dass sich in einem Wasserglas K.o-Tropfen befanden – könne sie sich nicht erinnern. “Haben sie vielleicht auch vergessen, dass sie den Baumeister erschlagen haben?” Da herrschte die 29-Jährige, die an Bandscheibenproblemen leidet, den Richter unter Tränen an: “Das wünschen Sie sich vielleicht. Ich bin unschuldig.”

Die Beschuldigte konnte sich nur an so viel erinnern: Sie kam nur ein einziges Mal in die Wohnung des an einer Erbkrankheit leidenden Pensionisten, und zwar am 17. September, um dort zu putzen. Er war nur mit einer Unterhose und einem Bademantel bekleidet. Sie begann in der Küche zu putzen, dann setzte sie sich zu ihm ins Wohnzimmer. Sie tranken Kaffee, da wurde er zudringlich. “Er sagte, gehen wir ‘rauf ins Separee.” Aber sie wollte nicht. “Ich bin zur Türe gegangen, nahm sein Handy und seine Handtasche mit, die da zufällig lagen.” Sozusagen als Gegenleistung, weil er die Reinigungsdienste nicht bezahlt habe.

Dass sie ein Taxi an die Nachbaradresse des Baumeisters dirigierte, wusste sie ebenfalls noch. Warum nicht direkt zu dem Haus? “Weil sie Angst hatte, dass er sie verfolgt”, erklärte Verteidiger Robert Morianz. Aufgrund der Ermittlungsergebnisse fuhr sie die ganze Nacht über in mehreren Taxis durch die Stadt und warf die Tasche im Europark weg – “weil kein Geld drinnen war”, so die Angeklagte. Eine Rufdatenerfassung ergab: Sie telefonierte 80 mal mit dem Handy des Opfers.

Warum sie bei der ersten polizeilichen Einvernahme ihren Ex-Freund des Mordes bezichtigte und erklärte, sie habe ihm den Schlüsselbund des Baumeisters ausgehändigt, wollte Vorsitzende Gabriele Glatz wissen. “Mir ist so schlecht gewesen, ich habe nur ‘ja, ja’ gesagt”, rechtfertigte sich die 29-Jährige. Staatsanwältin Katharina Dirisamer nahm dazu schon im Eingangsplädoyer Stellung: Sie habe die Angeklagte in der U-Haft als “verzweifelte, aber sehr schlaue Frau erlebt, die weiß, wie sie sich vor Publikum verkaufen kann”. Mit der Wahrheit nehme sie es aber nicht so genau. Dirisamer verwies auf die zehn Vorstrafen – darunter Suchtgiftdelikte, Betrug, Einbruchsdiebstahl und Körperverletzung.

Sämtliche Tatortspuren würden dafürsprechen, dass sie der Täter in Panik beseitigen wollte, meinte die Staatsanwältin. Doch auf der Schlaufe der Tasche des Opfers wurden dessen Blutspuren sichergestellt, in der Wohnung selbst DNA-Mischspuren von der Angeklagten und dem Pensionisten. “Spuren eines Dritten gibt es nicht.” Weiters fiel auf, dass “die Angeklagte nach der Tat sehr häufig mit 200 und 500 Euroscheinen bezahlt hat”. Doch für den Verteidiger sind das keine Beweise: Auch wenn das Opfer im August 5.511 Euro aus einer Erbschaft erhalten habe, habe dieser das Geld schon längst verbraucht – für Essen und zur Bezahlung von Prostituierten, die er zu sich nach Hause bestellt hätte. Aus dieser “erheblichen Risikogruppe” vermutet er auch den potenziellen Täter. Zudem hätte eine Spaziergängerin einen Tag nach dem 17. September wieder Licht in der Wohnung gesehen.

Morianz gab im Gegensatz zur Staatsanwältin als wahrscheinlichen Todestag den 25. September an. Seine Mandantin sei aber nach einem Selbstmordversuch vom 20. bis 28. September im Spital gelegen. Die Leiche wurde erst am 7. Oktober entdeckt.

Das Gericht beginnt am Nachmittag mit der Einvernahme von Zeugen. Morgen, Mittwoch, stehen drei Sachverständige auf dem Programm. Der Kriminalpsychologe Thomas Müller wird sein Täter-Profil präsentieren, wonach es sich um einen “Overkill” handelt, was typisch für eine Beziehungstat sei. Die Vorgangsweise lasse auch auf jüngere Täter schließen, die sich unter Alkohol- oder Drogeneinfluss bereichern wollen. Am Mittwoch soll auch ein Urteil gesprochen werden.

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