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Barroso nimmt erste Hürde

Sein erstes Versprechen gegenüber dem Europaparlament hat Jose Manuel Durao Barroso erfüllt. Die Frauenquote ändert die EU-Kommission.

Die von ihm angestrebte Ein-Drittel-Frauenquote in seinem neuen Team hat der künftige Kommissionspräsident nach gehörigem Druck auf die Mitgliedstaaten durchgesetzt. Sein zweites Versprechen, keinen über den anderen Kommissionsvertretern stehenden „Superkommissar“ zu installieren, muss er dagegen erst wahr machen. Die schwierige Aufgabe, jedem der 24 Kommissare ein passendes Portfolio zuzuweisen, will Barroso frühestens am 19., spätestens aber bis 27. August abgeschlossen haben, hieß es am Mittwoch in seinem Umfeld.

Abgeschirmt von der Presse verhandelt Barroso derzeit im Brüsseler Kommissionsgebäude in einer Reihe von informellen Gesprächen mit den designierten Kommissaren über deren neue Aufgaben. Die Frauenquote von acht der 24 Kommissionsmitglieder konnte Barroso nur mit Hilfe Österreichs, Dänemarks und der Niederlande erfüllen. Nachdem die Bundesregierung Außenministerin Benita Ferrero-Waldner (V) nominiert hat, kamen auch Kopenhagen und Den Haag unter Druck. Mit acht Kommissarinnen wird die Behörde den höchsten Frauenanteil in ihrer bisherigen Geschichte erreichen.

So machte Barroso dem dänischen Ministerpräsidenten Anders Fogh Rasmussen wohl klar, dass der erstgereihte Einwanderungsminister Bertel Haarder nicht Innen- und Justizkommissar wird. Dänemark schickt nunmehr die Landwirtschaftsministerin Mariann Fischer Boel, die die Fischerei-Agenden aber möglicherweise auch das mächtige Agrarressort übernehmen könnte. Auch Den Haag will sich das Zugeständnis an die Frauenquote teuer abkaufen lassen. Die liberale Ex-Verkehrsministerin Nellie Kroes will auch in der Kommission für Transport zuständig sein, nachdem ein Favorit für die Nachfolge von Agrarkommissar Franz Fischler, Landwirtschaftsminister Cees Veerman, nicht nominiert wurde.

Deutschland, Frankreich und Großbritannien wetteifern weiter um einen zentralen Wirtschaftsposten in der Brüsseler Behörde. Barroso will nach deutschen Medienberichten das Binnenmarktressort umbauen, die Industrie- und Unternehmenspolitik eingliedern, und dem künftigen Amtsinhaber eine Koordinierungsfunktion für die Wirtschaftsreformen (Lissabon-Prozess) einräumen. Hauptanwärter für den Posten ist der deutsche EU-Erweiterungskommissar Günter Verheugen. Barroso hat vor dem EU-Parlament zwar versprochen, „nicht einen sondern 24 Superkommissare“ in sein Team zu holen. Dies schließt aber einen starken Wirtschaftskommissar nicht aus, solange dieser nicht weisungsbefugt über den anderen steht.

Barroso sei bisher erfolgreich vorgegangen, denn einige Konflikte unter den EU-Staaten habe er im Vorfeld entschärft, meint Marco Incerti vom Brüsseler Zentrum für Europapolitische Studien (CEPS). Nicht gelungen sei ihm dies im Fall Ferrero-Waldners, die das Entwicklungshilfe-Ressort ebenso beansprucht wie ihr belgischer Kollege Louis Michel. Dieser hat laut einem Bericht der belgischen Zeitung „La Libre Belgique“ allerdings schon „wissen lassen, dass ihn das Ressort Erweiterung interessiert“, wenn er Entwicklungshilfe nicht bekommt.

Incerti versteht nicht, warum sich Ferrero-Waldner nicht offensiver um die Erweiterung oder um die Nachfolge von EU-Außenkommissar Chris Patten bemüht. „Für Entwicklung und humanitäre Hilfe empfiehlt sich Michel doch eher, durch seine jahrelange Arbeit und vor dem geschichtlichen Hintergrund Belgiens“, gibt er zu Bedenken. Mit dem von Ungarn nominierten Ex-Außenminister Laszlo Kovacs käme ein zusätzlicher Anwärter für das Erweiterungsressort in Frage. In EU-Kreisen wird allerdings bezweifelt, ob ein Kommissar aus einem neuen Mitgliedsland diesen Posten bekommt. Dies könnte auch die Ambitionen des slowenischen Ko-Kommissars für Erweiterungsfragen Janez Potocnik zunichte machen, der sein Interesse an dem Portefeuille schon angemeldet hat.

Nach Ansicht des CEPS-Experten wird das Ressort wahrscheinlich mit der EU-Nachbarschaftspolitik – den Beziehungen zur Ukraine, Moldawien und den Balkan-Staaten – zusammengelegt, „denn sonst haben wir ab 2007 (den geplanten Beitritten Rumäniens und Bulgariens) einen Kommissar, der nur für die Türkei und Kroatien zuständig ist“. Wenn 2007 mit Inkrafttreten der europäischen Verfassung der EU-Außenminister Javier Solana in die Kommission wechselt, müsste der außenpolitische Bereich neu aufgeteilt werden. Dass der spanische Währungskommissar Joaquin Almunia den „Platzhalter“ für Solana auf dem Außenressort abgibt, glaubt Incerti nicht: „Das klingt doch nicht vernünftig. Almunia hat sich bisher um die Reform des Stabilitätspaktes gekümmert und ist scharf auf einen wirtschaftlichen Posten.“

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