Wenn die Türkei alle Kriterien erfüllt, sollten wir die Tür nicht zuschlagen, sagte er am Mittwoch bei seiner Anhörung vor der Liberalen-Fraktion im Europaparlament in Brüssel. Die EU basiere auf universellen Werten und nicht auf einer Religion, sagte er.
Barroso erwartet einen objektiven Bericht der scheidenden EU-Kommission im Herbst, auf deren Grundlage die Regierungen der EU zu Jahresende eine Entscheidung über die Aufnahme von Beitrittsverhandlungen mit Ankara treffen wollen. Die Formulierung zusätzlicher Kriterien, wie etwa eines Rückzugs der türkischen Streitkräfte auf dem von der Türkei besetzten Nordteil Zyperns, lehnt Barroso ab. Es wäre nicht fair, neue Kriterien für ein spezifisches Land aufzustellen, sagte er auf eine entsprechende Frage. Barroso gehört zur politischen Familie der christdemokratisch-konservativen Europäischen Volkspartei (EVP), in deren Reihen sich einige Politiker gegen einen EU-Beitritt der Türkei ausgesprochen haben.
Der designierte Kommissionschef verteidigte den Budgetvorschlag der Kommission für die Finanzplanung von 2007 bis 2013, der eine Anhebung der durchschnittlichen Ausgaben auf 1,14 Prozent des Bruttonationaleinkommens (BNE) vorsieht. Europa kann nicht mehr Ziele verfolgen mit weniger Mitteln. Der Forderung von Österreich und fünf weiteren Nettozahlern nach einer Beschränkung der Ausgaben bei ein Prozent des BNE könne er nicht nachvollziehen.
Zurückhaltend zeigte sich Barroso zu den umstrittenen Plänen der EU-Budgetkommissarin Michaele Schreyer, die eine Abschaffung des Briten-Rabatts und ein neues Entlastungssystem für Nettozahler vorsehen würden. Die Belasungen müssen unter allen Mitgliedstaaten gerecht aufgeteilt sein. Die Reichen müssen mehr als die weniger Reichen zahlen, betonte Barroso. Zu den Verlierern der Reformpläne Schreyers, die die EU-Kommission am Mittwoch debattiert, würde neben Großbritannien auch Österreich zählen, während vor allem Deutschland und die Niederlande entlastet würden.
Barroso bekräftigte erneut, noch keine Aufteilung über die Ressorts der künftigen Kommissare getroffen zu haben. Ich bin enttäuscht über die Anzahl der Frauen, die bisher zur Verfügung stehen, betonte er. Er könne derzeit nicht sagen, wie viele Frauen der neuen EU-Kommission angehören werden.