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Barbarella: bieder und kitschig

"Barbarella" hielt den hochgesteckten Erwartungen ganz und gar nicht stand - weder sexy, noch rockig, langweilt es durch hohle Texte und dünnen Gesang - das Publikum war dennoch begeistert.

Donnerstag Abend wurde im Wiener Raimund Theater „Barbarella“ uraufgeführt. Als “sexy Space-Musical” konnte das Stück allerdings nicht überzeugen. Nina Proll als Hauptdarstellerin wirkte eher fad und konnte ihrem Vorbild Jane Fonda nicht das Wasser reichen. Ihre Stimme ist zwar durchaus nett, aber für ein Musical viel zu dünn. Auch ihre Mitspieler vom Fach bleiben recht durchschnittlich. Gerade Eva Maria Marold als „Schwarze Königin“ lässt durch ihr kraftvolles Organ manchmal aufhorchen. Alle zusammen stecken wenigstens in witzigen Kostümen (von Patricia Field und David Dalrymple).

Die Musik von Dave Stewart hielt durch gelegentlich sehr konventionell gestrickte Melodien den Erwartungen nicht stand. Auch ließen die hohlen deutschen Liedtexte (Rudi Klausnitzer/Michael Kunze) aufkommende Rock-Vibrations rasch wieder verschwinden.

Weder sexy, noch rockig

Vom erotisch aufgeheizten Pop-Trip der Sixties ist im „sexy Rock-Musical“, wie „Barbarella„im Untertitel heißt, nicht viel zu spüren. Macht ja auch nichts, denn erstens ist es schwierig, den spezifischen, sexualisierten Zeitgeist der Sechziger, der die legendären Comics von Jean-Claude Forest entstehen ließ, über die Rampe zu bringen. Und zweitens, wozu auch? Aber irgendwas Interessantes sollte einem dann doch zur Story der interstellaren Agentin des 40. Jahrhunderts einfallen, die ihre Ziele primär durch den Einsatz ihres Körpers zu erreichen pflegt. Denn immerhin ist ihre etwas fortschrittlichere Enkelin, Lara Croft, längst auf der Welt von heute.

Im Raimundtheater bleibt man aber bei der ziemlich originalgetreuen Darstellung einer Episode auf dem Planeten Sogo nebst Begegnung mit der „Schwarzen Königin“, aus deren Klauen Barbarella die Crew ihres Raumschiffes befreien will. Bloß erreicht das dreidimensionale Musical trotz Musik als weiterer Dimension weder Spaß noch Subversivität der Comics.

Lanweiliger Abklatsch

Die erzählte Story ist langweilig, und nachdem es sich um ein Musical handelt, flüchtet man zunächst zur musikalische Ebene. Aber auch da bleibt es ungemütlich, obwohl die Musik von Dave Stewart, ehemaliger Eurythmics-Partner von Annie Lennox, im Großen und Ganzen nicht vom Schlechtesten ist. Leider hat der Komponist aber viele Zugeständnisse an das gefällige Genre „Musical“ gemacht. Auch hätte man seinen Songs markantere Pop-Stimmen gewünscht anstelle des doch recht austauschbaren Musical-Gesanges.

Die Inszenierung bedient sich mit zahlreichen Versatzstücken bei der Filmgeschichte (Regie und Choreografie von Kim Duddy). So ist „Barbarella“ letztlich eine Melange aus ein bisschen „Rocky Horror Picture Show“, etwas „Star Wars“ und ein wenig „Raumschiff Enterprise“, gewürzt mit einer Prise Fred Astaire. Einzig manche Effekte im spacigen Bühnenbild (Mark Fisher) amüsieren – etwa wenn Barbarella weg gebeamt wird.

Publikum trotzdem begeistert

Am Ende bleibt Erstaunen darüber zurück, wie die Manifestation eines jugendlich-erotischen Space-Traumes der „Barbarella“-Generation derart bieder geraten konnte. Und auch die bange Frage, ob Neo-Intendantin Kathrin Zechner derartiges im Sinn hatte, als sie künftig „Schneewittchen für Erwachsene“ versprach. Und auch die Verwunderung, wie viel Geld in Wien für die Subventionierung derartiger Touristenfallen vorhanden ist.

Das Premieren-Publikum, darunter neben viel lokaler „Seitenblicke“-Prominenz auch Mick Jaggers Ex-Ehefrau Jerry Hall, dankte dennoch mit starkem Applaus.

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Redaktion: Magdalena Zotti

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