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Bankenkrise: Wien folgt Berlin mit Sparerschutz

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Nur Stunden nachdem Deutschland angesichts der Bankenkrise privaten Spareinlagen bei Banken generell Garantien in Aussicht gestellt hat, zog Wien nach. Finanzminister Molterer kündigte einen erhöhten gesetzlichen Sparerschutz für Österreich an.

Zuvor hatte er mehrmals mit dem deutschen Finanzminister Peer Steinbrück (S) telefoniert und sich mit Bundeskanzler Alfred Gusenbuer (S) abgestimmt. Am Abend wuchs auch in anderen europäischen Ländern, etwa Großbritannien, der Druck auf solche Garantiezusagen.

Die Banken begrüßen den Schritt als primäre Maßnahme der Sparer-Beruhigung. “Die wird aber nicht nötig sein”, sagte Erste-Chef Andreas Treichl am Sonntagabend in der ORF-Sendung “Im Zentrum”. Auch Molterer bekräftigte dort, dass damit nicht Cash-Steuergeld fließe, vielmehr gebe der Staat Sicherheit, die hoffentlich nie gebraucht werde und auch hoffentlich nicht bar wirksam werde.

Nach der Befassung des Ministerrats am Mittwoch soll es dann wenn nötig “sehr schnell” gehen, sagte Molterer. Aus rein österreichischer Betrachtung wäre der Schritt nicht erforderlich. Man wollte aber einen Spareinlagenabfluss nach Deutschland unterbinden. Morgen und übermorgen will sich Molterer zur Ausgestaltung noch mit seinen Finanzministerkollegen in der EU abstimmen. Das sei ein europäisches Thema.

Weil in der TV-Diskussion auf Fragen zur deutschen 100-Prozent-Absicherung davon die Rede war, dass Österreich “nachziehe”, wurde vorläufig damit spekuliert, dass dem deutschen Schritt mehr oder weniger inhaltlich gefolgt würde.

Notenbank-Gouverneur Ewald Nowotny rechnete vor, dass die Österreicher 24 Millionen Sparbücher besäßen. Davon seien 22,8 Millionen heute schon durch die gesetzliche Einlagensicherung erfasst, also mit 20.000 Euro pro Person und Institut. “Wir haben heute ja schon den wesentlichsten Teil abgedeckt”. Auch Nowotny sprach von einer “Versicherung”.

Kritisiert wird von den Banken eine Verunsicherung der Sparer in Österreich. “Der Abfluss hält sich in Grenzen”, sagte Treichl auf Fragen nach Abhebungen. Einige Institutionen, wie die Arbeiterkammer, seien aber nicht gerade sehr hilfreich. Ihnen wirft Treichl vor, den Leuten Angst zu machen. Die Sparbücher seien in Österreich sicher. Aktien sollte nur wer kaufen, der sie auch langfristig halten könne. “Das muss man den Leuten sagen. Da muss man Atem haben”. Und vor allem sollten die Leute nur Produkte kaufen, die sie auch wirklich verstünden. Den Amerikanern wirft er im Zusammenhang mit komplexen Finanzprodukten vor, sie seien “sensationell im Produzieren von Mist”, den sie dann exportierten. 80 Prozent der in den letzten 20 Jahre entwickelten Instrumente hätte man nicht gebraucht.

Von der Europäischen Zentralbank (EZB) wünscht sich Treichl eine kräftige Zinssenkung. Die Inflation habe jetzt nicht so viel Gewicht, findet er. An den Politikern läge es, Geld zu sammeln für konjunkturbelebende Maßnahmen. OeNB-Chef und EZB-Rat Nowotny konnte naturgemäß keine Angaben machen, wann die Zinsen gesenkt werden. Dennoch sind auch für ihn die zurückkommende Inflation und geringeres Wirtschaftswachstum Gründe für die EZB, über eine expansivere Geldpolitik nachzudenken.

Für Nowotny ist entscheidend, welche Lehren aus Krisen gezogen werden. Würden die richtigen gezogen, werde das Finanzsystem stärker. “So wie beim österreichischen Weinskandal, der zum Schluss dann zu höherer Qualität führte”. Schweden habe alles schon erlebt bei seiner letzten Finanzkrise, von der allgemeinen Garantie für Spareinlagen über die Herausnahme schlechter Kredite bis zur vorübergehenden de-facto-Verstaatlichung.

Molterer warnte davor, die Finanzkrise als Ausrede für Aufweichungen des Stabilitätspakts herhalten zu lassen. Von Brüssel wünscht er sich aber mehr Flexibilität bei den Beihilferegeln. “Ich kann doch nicht sagen, ich lasse eine Bank den Jordan runtergehen, nur weil es ein Beihilferegime gibt.”

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