Wie ist die Lage? fragte ich einen Kollegen, als wir vom Flughafen zum Hotel Palestine fuhren. Seine Antwort: Es scheint sich etwas zu beruhigen.
Drei Stunden später beendeten drei gewaltige Explosionen die trügerische Ruhe schlagartig. Eine beschädigte die Schutzmauer des Hotels, das der Nachrichtenagentur AP und anderen internationalen Medien als Korrespondentenbüro dient. Das war nicht der erste Anschlag gegen die Anlage, zu der auch das Sheraton-Hotel von Bagdad gehört. Aber es war eindeutig der heftigste und entschlossenste Angriff.
Als Aufständische am 21. November 2003 das Palestine mit Raketen von einem Eselkarren aus angriffen, habe ich geschlafen. Diesmal war an Schlaf nicht zu denken. Bei dem sorgfältig geplanten Anschlag wurden drei Autobomben eingesetzt. Die erste riss eine Lücke in die Sicherheitsmauer. Die zweite explodierte am anderen Ende des Firdus-Platzes vor dem Hotel – offenbar um die Aufmerksamkeit abzulenken. Dann fuhr ein Zementmischer mit der dritten Autobombe durch die Lücke in der Mauer und explodierte auf dem Hotelgelände.
Der Angriff bewiese eine der Wahrheiten im Irak-Krieg: In Bagdad ist kein Verlass auf den äußeren Anschein. Verglichen mit der Zeit, als ich die irakische Hauptstadt Anfang September verlassen hatte, wirkte Bagdad am Montag zunächst viel ruhiger. Die Straße vom Flughafen in die Stadt war voller Verkehr – ein deutliches Zeichen, dass die Iraker selbst keinen Anschlag fürchteten.
Überall zu sehen waren verstärkte Sicherheitsvorkehrungen. Als wir dem Hotel näher kamen, waren auch mehr Passanten auf der Straße als zuletzt – Mütter mit ihren Kindern beim Einkauf und Männer beim Tee an Ständen im Freien. Auf dem Firdus-Platz waren irakische Polizisten zu sehen, in sauberen Uniformen und mit schussbereiter Waffe.
Als die erste Bombe explodierte, saß ich vor dem Computer. Ich wusste sofort, dass es sehr nahe war. Der gewaltigen Detonation folgte Maschinengewehrfeuer. Jemand rief, das Sheraton-Hotel sei getroffen. Ich schaute auf meine Uhr: 17.21 Uhr. Kurz darauf folgte die zweite Explosion, ebenfalls laut, aber etwas entfernter. Und noch mehr Gewehrfeuer.
Wir beschlossen, unseren Arbeitsraum zu verlassen und in die relativ sichere Lobby zu gehen, die von verstärkten Wänden geschützt ist. Da erschütterte um 17.24 Uhr eine gewaltige Explosion das Gebäude, so stark, dass die Druckwelle zu spüren war. Der Gang füllte sich mit braunem Rauch. War das Hotel von einer Rakete getroffen worden?
Alle die Helme auf und die Schutzwesten an, rief ein Sicherheitsbeamter. Niemand zögerte. Ich kehrte in mein Zimmer zurück. Die Glastüren waren zerstört, und kleine Metallstücke waren im Raum verteilt. Mein Koffer war noch auf dem Bett, unversehrt. Zum Glück habe ich ihn nicht ausgepackt, dachte ich. Überall liefen besorgte Kollegen herum. Einige liefen zur Tür mit der Feuertreppe. Bleiben Sie im Gang, rief ein Sicherheitsbeamter. Hier sind Sie sicherer!
Wir prüften schnell nach, ob niemand von uns verletzt war. Und wir riefen die Regionalzentrale der AP in Kairo an, um zu berichten, dass wir angegriffen wurden. Einer unserer Fahrer, der zum Zeitpunkt des Anschlags auf dem Weg nach Hause war, hatte das Büro bereits angerufen, als er die Explosionen von der Straße aus miterlebt hatte. Drei Fahrzeuge sind mit hoher Geschwindigkeit zum Firdus-Platz gefahren, beobachtete er. Das war die schwerste Explosion, die ich je gesehen habe.
Um selbst hinauszugehen, war es zu gefährlich. Aber Sicherheitskameras haben das Geschehen festgehalten: Drei Explosionen innerhalb von vier Minuten, direkt auf dem Platz, wo ich nur Stunden zuvor entlang gefahren bin. Da schien noch alles so ruhig zu sein.