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Bagdad: Blair und Bush uneins

Bei neuen Kämpfen zwischen US-Soldaten und Anhängern des radikalen Schiitenpredigers Muktada al Sadr wurden in Najaf mindestens neun Iraker getötet und 33 weitere verletzt.

Bei einem Angriff auf einen Bus sind im Irak zwei russische Techniker und zwei Iraker getötet worden. Unterdessen bemerkte die britische Presse am Mittwoch Uneinigkeit zwischen Premierminister Tony Blair und US-Präsident George W. Bush über die Frage, wer nach der Machtübergabe im Irak das letzte Wort bei Militäroperationen haben werde. In US-Kreisen wurden indes bereits Namen für den Präsidenten und Premier der neuen Übergangsregierung genannt.

Die Vereinten Nationen werden nach Angaben aus US-Kreisen vermutlich den Schiiten Hussein Shahristani zum Ministerpräsidenten der neuen irakischen Übergangsregierung ernennen. In Kreisen des US-Außenministeriums wurde dagegen in der Nacht zum Mittwoch lediglich bestätigt, dass Shahristani zu den drei Kandidaten gehöre, die für das Amt in Frage kämen. Der Atomphysiker war unter der Herrschaft des irakischen Ex-Präsidenten Saddam Hussein mehrere Jahre im Gefängnis Abu Ghraib inhaftiert.

Aus anderen US-Kreisen verlautete, der ehemalige irakische Außenminister und Sunnit Adnan Pachachi werde vermutlich Präsident. Pachachi forderte im Interview mit der Tageszeitung „La Repubblica“ ein Mitspracherecht der künftigen Übergangsregierung bei der militärischen Kontrolle über sein Land. In dem von den USA und Großbritannien eingebrachten UN-Resolutionsentwurf sei lediglich die Rede davon, dass die Übergangsregierung in Bezug auf die geplanten multinationalen Streitkräfte unter Führung der USA angehört werden solle. „Wir betrachten die Meinung der Regierung als notwendig und verbindlich.“ Klarheit in dem Resolutionsentwurf vermisse er auch in der Frage der Kontrolle über das irakische Erdöl.

Sämtliche überregionale britische Zeitungen verwiesen am Mittwoch auf eine Klarstellung von US-Außenminister Colin Powell, wonach die Vereinigten Staaten auch nach der Machtübergabe im Irak am 30. Juni das letzte Wort bei Militäroperationen behalten, wenn es darum gehe, die US-Streitkräfte zu schützen. Blair hatte hingegen am Dienstag gesagt: „Wenn es um eine politische Entscheidung geht, etwa ob man einen Ort wie Falluja in einer bestimmten Weise anpackt, dann muss das mit Zustimmung der irakischen Regierung geschehen.”

Blair selbst versicherte am Mittwoch im Unterhaus, es gebe keine Differenzen zwischen ihm und Bush. „Wir sind uns beide völlig einig, dass die volle Souveränität auf das irakische Volk übertragen werden sollte und die multinationalen Streitkräfte unter amerikanischem Kommando bleiben“, sagte er.

Differenzen zur amerikanischen Politik im Irak gab indes der frühere Berater von US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld, Richard Perle, zu. Perle sagte der Hamburger Wochenzeitung „Die Zeit“, die USA hätten „es geschafft, die Befreiung des Irak in eine Besatzung zu verwandeln“ und damit „die demokratische Entwicklung schwer beschädigt“. Richtig wäre es gewesen, die Iraker frühzeitig an der Befreiung ihres Landes und am Wiederaufbau zu beteiligen.

Unterdessen vermuten zwei SPÖ-Abgeordnete, dass Österreicher als Söldner auf Seiten der US-Armee im Irak tätig sind. Die Parlamentarierinnen Ulrike Königsberger-Ludwig und Christine Muttonen haben deswegen laut Parteiaussendung eine parlamentarische Anfrage an Innenminister Ernst Strasser und Außenministerin Benita Ferrero-Waldner (beide V) eingebracht. Der Sprecher des Innenministers, Johannes Rauch, reagierte gegenüber der APA: „Uns ist keine parlamentarische Anfrage bekannt, wir warten auf die Anfrage.“

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