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Austria will Aufholjagd in der Fußball-Bundesliga starten

"Unser Ziel heißt Europacup-Qualifikation", so Vorstand Markus Kraetschmer.
"Unser Ziel heißt Europacup-Qualifikation", so Vorstand Markus Kraetschmer. ©APA
Mit neuen Kräften wollen die "Veilchen" im Frühjahr nach vorne blicken und die Aufholjagd in der Fußball-Bundesliga starten. Am Sonntag steht das große Wiener Derby auf dem Programm. 

Nach einem von Verletzungen und Niederlagen durchwachsenen Herbst ist bei der Austria Besserung angesagt. Obwohl die Wiener als Sechster in die Winterpause gingen, kam Thorsten Finks Trainersessel nicht ins Wackeln. Mit neuen Kräften für die Defensive und dem Verbleib von Raphael Holzhauser wollen die “Veilchen” nun das ihre getan haben, um im Frühjahr nur noch nach vorne blicken zu können.

Beim Startschuss zur Aufholjagd in der Fußball-Bundesliga wartet freilich eine prekäre Aufgabe. Am Sonntag steht das große Wiener Derby bei Rapid auf dem Programm. Die Hütteldorfer sind dem Erzrivalen als Dritter mit acht Punkten Vorsprung enteilt.

Austria will wieder nach Europa: “Jeder weiß, worum es geht”

Fink stimmte seine Mannschaft auf Zypern auf die bevorstehenden 16 Frühjahresrunden ein. Nachdem der vor Saisonstart proklamierte Angriff auf Platz eins seit längerem ad acta gelegt ist, steht noch das Minimalziel auf der violetten To-do-Liste: Ein Startplatz für die kommende Europa League. “Unser Ziel heißt Europacup-Qualifikation. Jeder weiß, worum es geht”, sagte Vorstand Markus Kraetschmer. Dessen ist sich auch Fink bewusst.

“Wir wollen im Sommer in das neue Stadion mit internationalen Spielen einziehen. Zudem sind diese zusätzlichen Gelder auch für den Club wirtschaftlich sehr wertvoll, deswegen wollen wir es unbedingt schaffen”, bekräftigte der bei der Austria in seiner dritten Saison stehende Deutsche. Fünf Zähler sind es, die der Austria auf den vierten Tabellenplatz bzw. die Admira fehlen. Im ÖFB-Cup sind die Wiener nicht mehr vertreten.

Stangl und Madl als Hoffnungsträger

Als Hoffnungsträger wurden mit Stefan Stangl (26) und Michael Madl (29) zwei in der Liga erprobte Akteure geholt. Stangl kam leihweise bis Sommer von Red Bull Salzburg, Madl kehrte vom englischen Zweitligisten Fulham nach Österreich zurück. Das Duo soll mithelfen, die im Herbst wackelige Abwehr zu stabilisieren. 29 Gegentore in 20 Runden waren nicht nur für Fink zu viele. Stangl wie auch Madl fehlt jedoch die Spielpraxis, in Summe kommen sie in der laufenden Saison auf bisher sechs Pflichtspieleinsätze.

Vor allem die Verpflichtung von Madl war wichtig. Der Steirer ist der neue Abwehrchef, nachdem sich die Rückkehr von Heiko Westermann nach dessen Knorpelschaden im Knie weiter verzögert. “Madl hat sich in den ersten Trainingseinheiten sofort so präsentiert, dass er uns helfen wird. Und zwar gleich”, meinte Sportdirektor Franz Wohlfahrt über den Neuzugang.

Kein Comeback von Almer in Sicht

Aus dem Lazarett der Langzeitverletzten ist auch bei Robert Almer kein Comeback absehbar. Bei Belastung schwillt das Knie des ÖFB-Teamtorhüters an. Almer ist nach seinem Kreuzbandriss seit Oktober 2016 außer Gefecht, das Wort Karriereende spielt beim 33-Jährigen aber keine Rolle. Zu früh kommen wird das Derby auch für Alexander Grünwald. Erst in zwei bis drei Wochen kann der ebenfalls eine schwere Knieverletzung ausheilende Kapitän der Austria wieder ins Mannschaftstraining einsteigen.

Bleibt einzig Florian Klein, der gegen Rapid wieder einlaufen könnte. Der Rechtsverteidiger kam erst vergangenen Freitag im Test gegen Slovan Liberec zu seinem ersten Matcheinsatz nach drei Monaten Pause infolge eines Mittelfußknochenbruchs.

“Das wird schon noch die eine oder andere Woche brauchen, bis alle wieder eine echte Option sind”, sagte Fink deshalb nach dem Trainingslager. Immerhin ist Flügelspieler Lucas Venuto wieder voll fit – dafür verließ Ismael Tajouri die Austria im Jänner in Richtung New York. Einer, um dessen Zukunft lange Rätselraten herrschte, blieb. Raphael Holzhauser soll mithelfen, die Ziele zu verwirklichen, ehe er den Club nach Saisonende ablösefrei verlassen kann.

“Jetzt können wir uns Woche für Woche immer nur auf ein Spiel vorbereiten”, umriss der Spielmacher das große Plus der Austria im Vergleich zum Herbst. Den berühmten Spagat zwischen Liga und Europacup schafften die Austrianer da nicht wirklich. Von der Qualität des Kaders sollte der Tabellensechste jedenfalls über die Konkurrenten Admira (4.), LASK (5.) und Altach (7.) zu stellen sein. Das Prestigeduell mit Rapid am Sonntag soll deshalb nicht unter dem Motto “richtungsweisend” firmieren. Der am Montag im Amt bestätigte Wohlfahrt betonte: “Wir bereiten uns auf 16 Spiele vor, es sind 48 Punkte möglich. 30, 32 wären top, um unser Ziel zu erreichen.”

Rapid gegen Austria: Hohes Risiko bei wenig Einflussmöglichkeit

Geschäftsführer eines Unternehmens sind gewohnt mit Risiko und Unsicherheit zu arbeiten. Aber im Fußballgeschäft gelten doch außergewöhnliche Voraussetzungen, da vieles von Ereignissen abhängt, die der Geschäftsführer nicht beeinflussen kann. Mit einem Tor mehr oder weniger im entscheidenden Spiel können Millionen fließen – oder auch nicht.

Das Jahr 2015/16 hat das bei Rapid gezeigt: Jahrelang war das Eigenkapital negativ gewesen. In der Saison 2015/16 gab es erst die Champions-League-Qualifikation, dann die Europa-League-Gruppenphase und das dortige Überwintern und schließlich noch ein Heimspiel mit 40.000 Besuchern gegen Valencia. Das brachte international einen Gewinn von 8,8 Mio. Euro, dazu kamen noch sehr lukrative Transfers. In Summe brachte die Saison dem Verein einen Gewinn von etwa 11,5 Mio. Euro, das Eigenkapital sprang plötzlich auf über 10 Mio. Euro ins Plus. 2016/17 kamen noch einmal gut zwei Mio. Euro Gewinn dazu, nicht zuletzt dank der Aktivierung einer Steuergutschrift. Heuer hingegen ist Rapid nicht im internationalen Geschäft. “Wir wollen trotzdem zumindest eine schwarze Null”, gibt Peschek das deutlich bescheidenere Ziel für die laufende Saison vor. Mit solchen Schwankungen müssen die wirtschaftlich Verantwortlichen leben lernen.

Stabile Einkünfte für Vereine wichtig

Gerade da sind stabile Einkünfte für die Vereine wichtig. Ein Schlüssel zum wirtschaftlichen Erfolg ist das eigene Stadion, sind sich Kraetschmer und Peschek einig. Rapid hat das Allianz-Stadion schon in Betrieb, die Austria wird ihre Generali-Arena im Sommer 2018 fertiggestellt haben. Es geht in den modernen Sportstätten um das “drumherum”: Die Betreuung und Verpflegung der Fans und vor allem der Sponsoren, aber auch um die Organisation von Veranstaltungen für externe Interessenten.

Rapid hat da schon Vergleichszahlen: Mit der Bewirtung von Gästen (“Hospitality”) werden im neuen Stadion fast fünf Mal so viele Einnahmen wie im Happel-Stadion lukriert und mehr als zehnmal so viele wie im alten Hanappi-Stadion, an dessen Stelle das Allianz-Stadion gebaut wurde. Über 8 Mio. Euro hat Rapid unter dem Titel “Hospitality” in der Bilanz 2016/17 verbucht, 2.100 Menschen können bewirtet werden. Im Jahr davor, als das eigene Stadion noch nicht zur Verfügung stand, waren es nur 1,7 Mio. Euro. Wobei Rapid bewusst auf die Eigenvermarktung setzt und das neue Stadion nicht nur an Spieltagen für Veranstaltungen offen steht.

Kraetschmer freut sich schon auf entsprechend höhere Einnahmen, sobald sein Stadion fertiggestellt ist. Immerhin können künftig 1.300 Menschen bewirtet werden, im alten Horr-Stadion waren es nur 700, im viel größeren Happel-Stadion auch nur bis zu 1.000. Gemeinsam mit Do&Co wird die Austria die Räume vermarkten, auch abseits der Spielzeiten, auch an internationale Gäste. Die Nähe zu Flughafen und Hauptbahnhof sind da zugkräftige Argumente. “Wir bieten eine 365-Tage-Nutzung des Stadions an”, sagt auch Kraetschmer.

Eigenes Stadion Voraussetzung für wirtschaftlichen Erfolg

Rapid hat zuletzt fast 42 Mio. Euro Umsatz gemacht, die Austria 31 Mio. Euro, wobei mit dem Stadion in der kommenden Saison ein weiterer Schub zu erwarten ist. Der aktuelle Tabellenführer Sturm Graz verfügt nur über 17 Mio. Euro, der langjährige Liga-Dominator Salzburg hingegen über 100 Mio. Euro. Schießt das Geld die Tore? Dazu Kraetschmer: “Langfristig ja, das sieht man ja auch daran, dass nur mehr vier oder fünf Mannschaften sich die Champions League untereinander ausmachen”. Kurzfristig aber sei das nicht so klar, wie man am aktuellen ersten Tabellenrang von Sturm Graz sieht – die Austria liegt in der Winterpause auf Rang sechs. Auch Peschek verweist nüchtern darauf, dass seit dem Einstieg von Didi Mateschitz Red Bull Salzburg die Meisterschaft nie schlechter als am zweiten Rang abgeschlossen hat. Bei Salzburg lägen die Personalkosten bei 48 Mio. Euro – bei Rapid bei 19 Millionen, davon drei Viertel für den Sportbereich.

Auch als Arbeitgeber sind die beiden Vereine ein Faktor: Rapid hat rund 150 Mitarbeiter, davon 85 im Sportbereich – also die Profisportler und die Betreuer aller Mannschaften. An Tagen mit Heimspielen werden kurzfristig sogar 1.000 Arbeitsplätze geschaffen, streicht Peschek hervor. Die Austria hat 130 bis 140 Leute beschäftigt, davon sind 70 mit dem Profisport beschäftigt, weitere 50 mit Akademie und Nachwuchs.

Um zu Investitionen zu kommen, sind externe Investoren für beide Vereine grundsätzlich eine Möglichkeit, aber kein unmittelbares Ziel. Und keinesfalls dürfte ein Investor eine Mehrheit bekommen, da sich beide Unternehmen als Publikumsvereine verstehen. Bei der Austria ist klar definiert, ein einzelner Investor dürfte maximal mit 12,5 Prozent einsteigen, alle externen Investoren zusammen bekommen höchstens 24,9 Prozent, so Kraetschmer. Aber obwohl diese Hürden klar definiert sind, gibt es keine Gespräche und keine aktive Suche nach Geldgebern. Von chinesischen Investoren habe es Nachfragen gegeben, aber die wollten eine Mehrheit. Angesichts der Einschränkungen “waren sie schnell wieder weg”.

Rapid zählt mehr Fans

Auch Rapid setzt da derzeit keine Schritte. Sollte ein externer Investor kommen, müssten die Mitglieder in der Hauptversammlung den Einstieg beschließen. Aber Wachstum bei den Mitgliederzahlen, bei Ticket-Verkäufen und aus der Stadionbewirtschaftung sind andere gute Möglichkeiten, Rapid weiter zu entwickeln, sagt Peschek. Und überhaupt seien die Stärke Rapids die Mitglieder – Peschek ist stolz auf durchschnittlich 20.000 Zuschauer bei Heimspielen. 43 Prozent aller Zuschauer in der Bundesliga hätten Spiele mit Rapid-Beteiligung gesehen, betont er. Das seien die wirklichen Maßstäbe für ihn.

Rapids Dominanz bei den Zuschauerzahlen spiegelt sich auch in der Bilanz wieder. 15.500 Mitglieder zählt der Verein, sie haben im Vorjahr 1,5 Mio. Euro zum Budget beigetragen. Demgegenüber hat die Austria nur 2.500 Mitglieder, die zuletzt 210.000 Euro einzahlten. Im Gegenzug hat die Austria bei den Sponsorenbeiträgen mit 12 Mio. Euro die Nase vorn, bei Rapid flossen in der vorigen Saison knapp 10 Mio. Euro.

Aber so sehr Kraetschmer und Peschek auch gerne über ihre Zahlen reden, letztlich ist es für sie nicht irgendein Unternehmen. “Es ist halt auch ein Bubentraum, wenn du bei deinem Herzensverein tätig sein darfst”, so Peschek. Und Kraetschmer fast wortgleich: “Ich bin froh, dass ich bei meinem Herzensverein so eine Aufgabe ausüben darf. Wir versuchen nach wirtschaftlichen Prinzipien zu arbeiten, aber diese Emotionalität ist es, was uns von anderen Branchen unterscheidet”. Wegen dieser Emotionalität könne er sich auch nicht vorstellen, für einen anderen Verein in Österreich zu arbeiten. International einen Verein zu führen würde er sich zwar zutrauen und sei auch nicht grundlegend anders, nur “eine Dimension größer” – aber das “Herzensanliegen” würde wegfallen.

(APA/Red)

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