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Ausstellung: "Wiener Musterzimmer" im Belvedere

Entwurf für Wiener Musterzimmer
Entwurf für Wiener Musterzimmer ©Gilbert Bretterbauer
Die entstandenen Musterzimmer wurden von österreichischen Künstlern gestaltet. Von 23. September bis 24. Jänner sind sie noch in der Orangerie des Unteren Belvederes zu sehen.
Wer von österreichischen Künstlern wie Peter Kogler, Gerwald Rockenschaub oder Esther Stocker gestaltete “Musterzimmer” mit eigens designten Stoffen, skulptural eingesetzten Möbeln und innovativen Raumkonzepten sehen will, muss derzeit nicht ins MAK, sondern ins Belvedere gehen: Die von MUMOK-Direktor Edelbert Köb kuratierte Ausstellung “Wiener Musterzimmer” zeigt die Auseinandersetzung von Künstlern mit einer Materie an der Schnittstelle von angewandter Kunst, Architektur und Möbeldesign, hieß es am Dienstag bei der Presseführung.

Die entstandenen Musterzimmer, die bis 24. Jänner in der Orangerie des Unteren Belvederes zu sehen sind, sind so unterschiedlich wie die beteiligten Künstler. Gleich sind die Maße: 384 mal 384 mal 271,5 Zentimeter groß sind die Kuben, die in der Orangerie stehen. Der Rest war den Künstlern überlassen, die Gestaltung sollte in allen Details aufeinander abgestimmt sein. Kogler überzieht alle Außen- und Innenwände mit seinen unverwechselbaren, repetitiven Monochrom-Pattern, und ein Teppich als einzige Ausstattung neben einer nackten Glühbirne verweist mit seinem Hirn-Muster wohl auf Wien als Entstehungsort der Psychoanalyse. Die in Wien lebende Amerikanerin Lisa Ruyter verschreibt ihre bildliche Auseinandersetzung mit einer jubelnden Menschenmenge durch Farbgebung und Musterhaftigkeit einer dezidierten Pop-Ästhetik, ganz am anderen Ende der Orangerie schwelgt Gilbert Bretterbauer in einer heutigen Annäherung an psychedelischen Hippie-Schwulst.

Esther Stocker hingegen zieht scharfe Raster – und hebelt damit in der für Köb “signifikantesten Arbeit” die herkömmlichen Raumvorstellungen aus, indem alle fünf Wände des Kubus (eine Seite ist offen) gleichberechtigt behandelt werden. So scheint ein Tisch in der Horizontalen auf einer Seitenwand zu stehen, Leuchtkörper könnten in alle Raum-Richtungen orientiert sein. Auch Rockenschaub hat sein Musterzimmer radikal gedacht – denn bei ihm bleibt der schwarz-weiß-blau gemusterte Würfel verschlossen, ein Möbelstück steht außen. Florian Pumhösl definiert das Musterzimmer als Kunst-Fläche, eine rigide Komposition mit fünf Stoff-Rechtecken, die wie Gemälde an der Wand hängen, und einer von Friedrich Kiesler designten “Party Lounge” ergeben mehr eine Installation, die sich mit der Rezeption von Moderne beschäftigt, als ein Zimmer.

Belvedere-Chefin Agnes Husslein sieht eine derartige Auseinandersetzung mit Ornament und Raumgestaltung “absolut in der Tradition dieses Hauses”. Bereits im Barock und späteren Epochen habe es “Musterbücher” etwa von Zeichner Salomon Kleiner gegeben, und auch die nun präsentierten Musterzimmer seien “originär künstlerische Arbeiten”. Darüber hinaus habe in der Zeit der Wirtschaftskrise das “Cocooning”, also die Ausgestaltung und intensivere Nutzung des Wohnraumes, und damit “die Frage der Design-orientierten Einrichtung” eine größere Bedeutung.

Köb habe “zaghaft” angefragt, ob das Belvedere Interesse an der Ausstellung habe, berichtet Husslein. Diese Vorsicht bestätigt Köb: Denn “die Kooperationsbereitschaft der Kollegen in Wien ist im Allgemeinen nicht besonders groß”. Dafür sei die “Renaissance des Musters und des Ornamentes” ein “sehr aktuelles Thema”, und Köb würdigte die “völlig unterschiedlichen Lösungen, wie die Künstler mit Textil gearbeitet” haben. Einige der Stoffdesigns sind bei “Backhausen interior textiles” zu erstehen, auch “Wittman Möbelwerkstätten” haben bei der Ausstellung mitgearbeitet.

Inwieweit die Kooperation des Belvedere mit dem MUMOK-Direktor die angekündigte Museumsneuordnung antizipiert, blieb dahingestellt. Mit ein wenig (selbst-)ironischem Geplänkel würzten die beiden Direktoren jedenfalls den organisatorischen Austausch zwischen den Bundesmuseen. So lobte Köb überschwänglich die “Effizienz” des Belvederes angesichts des bereits fertigen Kataloges (ISBN 978-3-901508-69-1, 88 Seiten, Verlag des Belvedere) und sagte in Richtung MUMOK: “Ich werde nach Hause gehen und die Peitsche schwingen.”

“Wiener Musterzimmer”. Orangerie, Unteres Belvedere, 23.9. bis 24.1.2010

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