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Ausnahmezustand in Peru

In den ersten Stunden nach der Verhängung des Ausnahmezustandes in Peru haben sich die Unruhen in dem verarmten Andenstaat vorerst weiter verschärft.

Bei Zusammenstößen zwischen Streikenden und der Polizei wurden am Mittwoch nach offiziellen Angaben 40 Menschen verletzt, fast 100 Demonstranten wurden festgenommen. Präsident Alejandro Toledo hatte den Ausnahmezustand am Dienstagabend (Ortszeit) für zunächst 30 Tage verhängt, um einer seit Wochen anhaltenden Streikwelle ein Ende zu setzen. Die Gewerkschaften forderten den unpopulären Staatschef jedoch heraus und kündigten die Fortsetzung ihres gerade erst für illegal erklärten Streiks an.

Zu den schwersten Auseinandersetzungen kam es in der Stadt Chiclayo im Norden des Landes. Dort lieferte sich die Polizei „Straßenschlachten“ mit etwa 5.000 streikenden Lehrern. In anderen Städten feuerten Soldaten nach Medienberichten mit scharfer Munition in die Luft, um Plünderer zu vertreiben. Ein Regierungssprecher warnte, die Soldaten würden bei einer Gefährdung ihres Lebens auch direkt auf die Demonstranten feuern.

Bei der Räumung eines von Bauern und Demonstranten blockierten Autobahnabschnitts der Panamericana bei Barranca, 160 Kilometer nordwestlich von Lima, kam es zu schweren Zusammenstößen mit Soldaten und Polizisten. Auch an anderen Abschnitten der Autobahn widersetzten sich Regierungsgegner der Räumung von Blockaden. In der Andenstadt Jauja griffen rund 2.000 Bauern eine Einheit von 30 Polizisten mit Steinen an.

Die etwa 280.000 Lehrer des Landes fordern höhere Gehälter. Auch die Justizangestellten befinden sich weiter im Streik. Das Demonstrationsverbot wurde in vielen Fällen missachtet.

Der zunächst auf 30 Tage befristete Ausnahmezustand ermächtigt Polizei und Streitkräfte, gewaltsam gegen Streikende vorzugehen. Die Proteste gingen von den Bauern aus, die gegen Billigimporte und gegen die Zerstörung von Koka-Feldern protestierten. Ihnen schlossen sich die Lehrer an, die seit dem 12. Mai für mehr Gehalt streiken. Das Monatsgehalt der Lehrer liegt bei etwa 160 Euro. Am Dienstag legten auch die Beschäftigten im staatlichen Gesundheitswesen die Arbeit nieder. Es ist das erste Mal, dass der seit Juli 2001 regierende Toledo einen landesweiten Ausnahmezustand verhängt.

„Die Toleranz hat ihre Grenzen“, sagte Toledo. „Wir haben die Verantwortung, für 26 Millionen Peruaner zu regieren.“ Jetzt habe der Schutz der Bürger und die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung Vorrang.

Zwei Jahre nach seiner Wahl ist Toledos Popularität auf einem Tiefpunkt angelangt. Nur 14 Prozent der Peruaner sind einer Umfrage zufolge mit der Arbeit des Politikers indianischer Abstammung zufrieden. Einige Kritiker werfen ihm Hörigkeit gegenüber dem IWF (Internationaler Währungsfond) vor. Andere halten ihm hingegen vor, den sozialen Forderungen nicht entschieden genug entgegengetreten zu sein. Bereits vor einem Jahr hatte Toledo über Arequipa, mit 700.000 Einwohnern die zweitgrößte Stadt des Landes, nach Protesten gegen die Privatisierungspolitik für einige Tage den Ausnahmezustand verhängt.

Der verarmte Andenstaat wird seit Beginn von Toledos Amtszeit immer wieder von Unruhen und Streiks wegen der prekären Lage großer Teile der Bevölkerung erschüttert. Forderungen nach einer Verbesserung der sozialen Lage waren während der autoritären Regierung des nach Japan geflüchteten früheren Präsidenten Alberto Fujimori (1990-2000) weitgehend unterdrückt worden.

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