Die Ausbreitung neuer Tierarten im Bodensee bereitet den Behörden der Anrainerländer Sorgen. Das bodenseeweite Forschungsprojekt “ANEBO Aquatische Neozoen im Bodensee” untersuchte von 2005 bis 2008 die Ausbreitung der “Neuankömmlinge” (Neozoen) und mögliche ökologische Konsequenzen. Die Ergebnisse stellten die Gewässerschutzstellen nun in der Broschüre “Neue Tierarten im Bodensee – Herausforderung für den Gewässerschutz” vor.
Es sei wichtig, diese Beobachtungen weiterhin fortzusetzen, so Vorarlbergs Umwelt-Landesrat Erich Schwärzler (V) in einer Aussendung. Es gelte, auch die möglichen Auswirkungen auf die Fischbestände im Bodensee zu untersuchen. Die meist sehr anpassungsfähigen Neuankömmlinge können heimische Tierarten verdrängen, weil sie um Lebensraum und Nahrung konkurrieren oder Krankheiten einschleppen, und bei starker Ausbreitung erhebliche Veränderungen im ökologischen Gefüge des Sees bewirken können. Die in den 1960ern eingeschleppte Dreikantmuschel habe dies mit ihrer Massenvermehrung sehr deutlich aufgezeigt, so Schwärzler.
Die meisten Neozoen stammen aus Gegenden mit ähnlichem Klima, inzwischen beeinflusst aber auch der Klimawandel die Besiedelung. Ein Beispiel dafür ist eine im Sommer 2003 verstärkt aufgetretene Süßwasserqualle, die aus wärmeren Regionen stammt. Die meisten der Einwanderer kommen aus dem Schwarzmeerraum, von wo sie etwa über den Wasserweg über den Main-Donau-Kanal und den Rhein in den Bodensee gelangen. Auch über das Bilgewasser von Wanderbooten, durch Freisetzung von Aquarientieren oder unsachgemäßen Einsatz von Fischen oder Krebsen werden neue Tierarten eingeschleppt.
Für Aufsehen sorgte etwa die Schwebegarnele “Limnomysis benedeni”, die erstmals im Sommer 2006 im Bodensee festgestellt wurde. Ein Jahr später kam die Art am gesamten Obersee vor und bildete Schwärme von mehreren Millionen Tieren. Die Schwebegarnele zählt damit zu den sich am schnellsten ausbreitenden Neozoen am Bodensee. Auch der Große Höckerflohkrebs kommt mittlerweile am ganzen Bodensee vor, er ist wegen seiner raschen und aggressiven Ausbreitung im englischen Sprachraum als “killer shrimp” bekannt.
Einige Sorge bereiten den Gewässerschützern auch bestimmte Muschelarten, wie etwa die kürzlich festgestellte Körbchenmuschel und die kurz vor der Einwanderung stehende Quagga-Muschel, neozoische Großkrebse sowie einige Fisch- und Froscharten. Man müsse im Vorfeld handeln und das “ökologische Roulette” bremsen, nach erfolgter Besiedelung sei eine Bekämpfung nicht aussichtsreich, so die Gewässerschützer.
Die Gewässerschutzfachstellen am Bodensee haben unter Federführung des Vorarlberger Umweltinstitutes eine interessante Publikation über die Neuankömmlinge im See verfasst. Die Broschüre “Neue Tierarten im Bodensee Herausforderung für den Gewässerschutz” steht auf www.vorarlberg.at und kann kostenlos bestellt werden (Telefon 05574/511-42009).