“Der Glaube an die Selbstzerstörung ist Hybris. Und selbst wenn wir damit ‘erfolgreich’ sind: Was für ein unbedeutender Punkt im Universum wird die Erde gewesen sein”, lässt Honetschläger eine seiner Hauptfiguren, den Wissenschafter Sekai (Saito Yosuke), gleichsam prophetisch dozieren. Dieser arbeitet an der Entwicklung eines Motors, der Wasser verbrennt. Seine Frau war einst bei der Geburt des Sohnes Aun (als junger Mann gespielt von Hiyori Yuki) gestorben. Und auch Sekai kommt im Zuge seiner Experimente zu Tode.
20 Jahre später setzt der brasilianische Wissenschafter Euclides (William Ferreira) die Arbeit fort und fordert seine Frau Nympha (Rosanne Mulholland) auf, Aun – mittlerweile Priester eines Shinto-Schreins – zu suchen. Sie wird von diesem in eine Parallelwelt gebracht, in der sie sich ihm hingibt und in der auch Euclides das Geheimnis des Wasser-Motors vermutet. Beim Betreten der Welt verwünschen ihn jedoch die Manga-Elfen, die Geister des Waldes, worauf Euclides stirbt und mit seinem letzten Atemzug die Welt verschwinden lässt.
Nun wäre Honetschläger nicht Honetschläger, würde dieser Plot in der chronologischen Einheit von Raum und Zeit erzählt. Im Gegenteil fließen die verschiedenen Zeit- und Realitätsebenen nahtlos ineinander, mischen sich Auns Visionen vom Inzest mit seiner verstorbenen Mutter mit Einblicken in den Großstadtmoloch und lyrischen Waldimpressionen samt in Neonfarben gekleideter Waldelfen. Die Japanisch und die Portugiesisch sprechenden Figuren verstehen einander problemlos, bisweilen entfallen die Lippenbewegungen zugunsten einer Stimme aus dem Off. “Vergessen Sie für 100 Minuten Logik – wenn Sie es können – und Sie werden glücklich sein”, prognostiziert der Regisseur selbst.
Seit 20 Jahren lebt der 1963 in Linz geborene Honetschläger teils in Japan, teils in Österreich, ist also ein Grenzgänger zwischen den verschiedenen Welten. Entsprechend nah steht er Weltanschauungen wie dem Shintoismus: “Seelen und Geister gibt es nicht nur im Film”, unterstreicht der Künstler. Zusätzlich packt er noch die Ansätze zahlreicher Philosophen – von Claude Levi-Strauss bis zu Fosco Maraini – in sein Werk. Alles ein bisschen viel für einen Film, dessen Hauptfiguren allesamt mit symbolischen Namen befrachtet sind: Sekai bedeutet Erde, Aun “Der Anfang und das Ende aller Dinge”, Euclides rekurriert an den griechischen Mathematiker, während Nympha das Puppenstadium des Schmetterlings bezeichnet.
Auch hätte Honetschläger im Strudel der Entschleunigung besser auf den einen oder anderen Spezialeffekt wie eine Zeit-Raum-Tür inmitten des Waldes verzichtet, wenn sich im Budget keine überzeugendere Lösung ausgeht. Zugleich gelingen dem Regisseur aber teils beeindruckende Allegorien, wenn er in makroskopischer Aufnahme schwarze Tinte zeigt, die sich in ein Blatt frisst, während in der Parallelmontage Sekai stirbt – in dem Moment, in dem das letzte Weiß im Blatt gewichen ist. Ein traumwandlerischer Film, den Honetschläger aus seiner verträumten Weltsicht konstruiert, wenn er im Interview betont: “Mein Leben ist wie ein Traum, darum träume ich nie.” (Martin Fichter/APA)