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Augen zum Hineinlegen

Bregenz (VN) - Für die Ausstrahlung des riesigen „André Chénier“-Podiums im Bodensee ist der Bregenzerwälder Arno Hagspiel zuständig.

Ohne Netz und doppelten Boden geht gar nichts, erklären die Arbeiter auf der Seebühne. Das soll nicht heißen, dass die Bregenzer Festspiele Magiertricks anwenden, wenn sie vor rund 300.000 Leuten Opern aufführen. Aber wer rund zwanzig Meter über dem Seespiegel mit Malerutensilien werkt, der ist erstens gut gesichert und zweitens schwindelfrei. So wie Arno Hagspiel.

Die Bodenhaftung verliert der Bregenzerwälder Malermeister mit Affinität zum Künstlerischen grundsätzlich nicht. Seit den späteren Neunzigerjahren ist er nicht mehr nur mit der Ausgestaltung von Innenräumen und Fassaden, mit der Verbesserung des Wohlfühlambientes in einem Hotel oder einer Wellnessanlage beschäftigt, sondern auch bei den Festspielen, beim Theater Kosmos oder beim Vorarlberger Landestheater tätig.

Die letzten Seebühnenproduktionen hat er dabei mehr oder weniger alle unter dem Pinsel gehabt, für die erwähnten Theaterunternehmen stand er parat, wenn seine speziellen Kenntnisse gebraucht wurden.

„Freier arbeiten, mit Techniken spielen und mit Oberflächen“, zählt er seine besonderen Ambitionen auf. Ganz frei darf er sich bei den Festspielen logischerweise nicht bewegen. Etwa zwei Jahre vor einer Premiere bekommt man das Bühnenbildmodell präsentiert und erläutert, die Umsetzung des Podiums für „André Chénier“ von Umberto Giordano ist fast schon gelaufen. Überraschen konnte ihn auch Ausstatter David Fielding nicht mehr, der sich vom berühmten Gemälde „Der Tod des Marat“ von Jacques -Louis David inspirieren ließ und eine riesige Büste in den See gepflanzt haben wollte.

Besagter Marat starb bekanntermaßen just als er im Bade saß durch die Hand von Charlotte Corday. Sie identifizierte sich zwar mit dem Geist der Französischen Revolution, nicht aber mit der daraus hervorgegangenen Schreckensherrschaft. Ähnlich ging es dem Dichter André Chénier, dessen Schicksal Umberto Giordano mit etwas Fiktion anreicherte und in der gleichnamigen Oper verewigte.

Zurück zur Malerei. Für den Teint der 24 Meter hohen Büste ist also Arno Hagspiel zuständig. Die Gesichtskonturen selbst bestehen aus Styropor und wurden per Computer bzw. Ausfrästechnik hergestellt und zusammengesetzt. Die Augen sind beweglich und so groß, dass sich ein Mensch locker in deren Höhlen legen kann.

Feinarbeit

Bevor sich der Maler um fleischfarbene Grundierungen in luftiger Höhe kümmerte, war Hagspiel für die blauen „Aida“-Füße zuständig. Bei „Tosca“, also bei der Oper, in der es ja auch um einen Kirchenmaler geht, wurde ordentlich viel Leinwand verbraucht und wer sich noch an die vor zehn Jahren inszenierte „La Bohème“ erinnert, weiß jetzt, dass die Holzmaserung an den riesigen Pariser Bistro-Stühlen aufgrund von Bregenzerwälder Feinarbeit so schön zur Geltung kam.

„Die Dimensionen sind jeweils gigantisch“, bringt der Maler die Herausforderung auf den Punkt. Genießen kann er eine Aufführung dann, wenn er jeweils ein wenig Abstand gewonnen hat, als Zuschauer nicht mehr darauf achtet, wo man noch etwas kaschieren hätte können, sondern sich so richtig der Musik hingibt. Opern- und Theaterfan ist er ja längst geworden.

Zur Person: Arno Hagspiel

  • Geboren: 1970 in Alberschwende
  • Ausbildung: Fachschule für angewandte Malerei in Innsbruck, Meisterschule in Baden bei Wien, Meisterprüfung
  • Werdegang: Arbeit als Maler und Restaurator, eigene Firma, seit einigen Jahren auch für die Bregenzer Festspiele, das Theater Kosmos und das Vorarlberger Landestheater tätig
  • Wohnort: Alberschwende
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