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Aufsicht für Sexualstraftäter

Justizministerin Maria Berger (S) plädiert für die Möglichkeit einer „gerichtlichen Aufsicht“ über Sexualstraftäter nach der Haftentlassung.

Richter sollten z.B. die Fortsetzung einer Therapie anordnen, eine Meldepflicht verhängen oder die Ausübung bestimmter Berufe oder Tätigkeiten untersagen können, erläuterte Berger im APA-Interview. Die Vorschläge von Innenminister Günther Platter (V) greifen ihr teilweise zu kurz; etwa beim Berufsverbot. Für Berger geht es vor allem darum, Rückfälle bekannter Täter zu verhindern.

Grundsätzlich betonte die Ministerin, dass das Anliegen, „alle Möglichkeiten zu nützen, um Kinder und Jugendliche zu schützen, ein gemeinsames“ sei, „dies hat aber mit Maß und Ziel und grundrechtskonform zu geschehen“.

Die am Montag von Platter veröffentlichten Vorschläge lehnt Berger nicht rundum ab. Aber das von ihm verlangte Berufsverbot für Sexualstraftäter im Kinder- und Jugendbereich ist ihr zu wenig:
Rückfallsgefährdeten müsse z.B. auch ehrenamtliche Tätigkeit im Jugendbereich oder, wenn sie Selbstständige sind, die Beschäftigung jugendlicher Arbeitnehmer untersagt werden.

Noch nicht festlegen will sich Berger in der Frage der Sanktionen – wo Platter generell für höhere Strafen eintrat. Die Justizministerin will noch von SPÖ und ÖVP im Parlament gemeinsam beauftragte Evaluierung abwarten; die Ergebnisse sollen im Herbst vorliegen. Prinzipiell gab Berger aber zu bedenken, dass es sich gerade im Sexualstrafbereich häufig um Triebtäter handle: „Die lassen sich nicht dadurch abschrecken, dass ein Strafrahmen um ein Jahr hinaufgesetzt wird.“

Zudem seien die Strafen für sexuellen Missbrauch bzw. Nötigung Minderjähriger in Österreich ohnehin hoch, hielt Berger Platters Kritik daran entgegen, dass Kinderpornografie als „Vergehensdelikt“ gelte und zu gering bestraft sei. Die genannten Grunddelikte seien „natürlich ein Verbrechen und kein Vergehen“ und entsprechend hoch sanktioniert.

Gesprächsbereit ist Berger über die Strafen für die Verbreitung von Kinderpornografie. Wichtiger wäre es aber gerade hier, alles zu tun, um die Täter zu „erwischen, denn die meisten von ihnen handeln in der Hoffnung, nicht erwischt zu werden“.

Zu Platters Forderung nach Mindeststrafen merkte Berger an, dass die vorige Regierung 2004 die Mindeststrafen für zwei Delikte – „geschlechtliche Nötigung“ und „sexueller Missbrauch einer wehrlosen oder psychisch beeinträchtigten Person“ – abgeschafft habe. Diese wieder einzuführen hat Berger schon bei einer Nationalratssitzung im März verlangt.

Priorität hat für die Justizministerin die Rückfallsvermeidung:
„In erster Linie muss es das Anliegen sein, bei Tätern, die uns bekannt sind, Rückfälle zu vermeiden.“ Dies könnte am Besten gelingen, indem der Richter „bei der Person des Verurteilten anknüpft und für diesen ein individuelles Paket schnürt“ – mit Maßnahmen wie Therapie, Meldepflicht oder Verhaltenspflichten oder -verbote nach Haftentlassung. Dazu wäre das Instrument der „gerichtlichen Aufsicht“ nach Ablauf der Strafe erforderlich. Es müsste mit einer Gesetzesänderung eingeführt werden; derzeit können Richter Auflagen nur bei bedingten Entlassungen erteilen.

Gegen die von Platter am Montag vorgestellten Pläne für eine Sexualstraftäterdatei hat Berger keine Einwände – zumal die kurz angedachte namentliche Veröffentlichung in Medien „schon im Vorfeld gefallen“ ist. Wichtig ist für die Justizministerin auch, dass nur rechtskräftig verurteilte Straftäter in die Datei aufgenommen werden („was ich mir nicht vorstellen könnte, wäre ein generelles Beschnüffelungssystem“) und dass Täter mit positiver Prognose wieder aus der Datei gestrichen werden können.

Platters Forderung, dass schwere Sexualdelikte von der Tilgung ausgeschlossen sein sollten, lehnt Berger nicht rundum ab – aber sie will dies nicht generell gesetzlich fixieren. „Vorstellbar ist, dass Richter anordnen, dass eine Strafe eines rückfallsgefährdeten Täters erst später getilgt wird, also länger als üblich im Strafregisterauszug aufscheint.“

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