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Aufräumen auf dem Mount Everest

Bergsteiger tragen die höchste Mülldeponie der Welt auf dem Mount Everest ab. Mehrere hundert Tonnen Abfall verschandeln den Berg von bisher 1.300 Everest-Besteigern.

Der Mount Everest ist mit 8.848 Metern nicht nur der höchste Berg der Welt. Gut 800 Meter unterhalb des Gipfels im Himalaya-Königreich Nepal liegt am South Col das, was Kritiker als die höchstgelegene Mülldeponie der Welt bezeichnen. Wenigstens ein paar Tonnen wollen Bergsteiger während der Frühjahrssaison abtragen, die gerade beginnt. Zehn Teams haben vor, den Mount Everest bis Ende Mai über die südliche Route von Nepal aus zu stürmen, bis zu 15 Teams wollen es von Norden über das chinesisch besetzte Tibet versuchen.

Wieder einmal werden außergewöhnliche Expeditionen Schlagzeilen machen. Der Nepalese Appa Sherpa hat vor, seinen eigenen Rekord zu verbessern und zum zwölften Mal auf dem Gipfel zu stehen. Sean Swarner (27) aus den USA hat eine schwere Krebserkrankung überlebt und will nun auf den Mount Everest.

Auch Nostalgie klingt an. Ein Schweizer Team erinnert an den 50. Jahrestag eines Versuchs, der 1952 nur 250 Meter unterhalb des Gipfels scheiterte. Ein Jahr später waren der Neuseeländer Edmund Hillary und sein nepalesischer Partner Tenzing Norgay die ersten Menschen auf der Spitze, und nun machen sich Hillarys Sohn Peter und Norgays Enkel Tashi an den Aufstieg. Obwohl sie zu verschiedenen Teams gehören, haben sie sich auf dem Gipfel verabredet.

Auf die dunkle Seite der Gipfelstürmerei macht Ken Noguchi (28) aus Japan mit seiner Expedition aufmerksam. „Ich habe, als ich 1999 auf den Mount Everest kletterte, zwei oder drei Leichen gesehen“, sagt er. Fast 170 Menschen sind umgekommen am höchsten Berg der Welt, und nicht alle Toten wurden geborgen. „Wir werden versuchen, diese Leichen zu holen und sie weiter unten zu beerdigen“, sagt Noguchi.

Aber das ist nicht das einzige Ziel seines Teams aus Japanern, Südkoreanern und Nepalesen. Sie wollen den Mount Everest auch von einigen Hinterlassenschaften früherer Expeditionen befreien. Mehrere hundert Tonnen Müll – Sauerstoffflaschen, Verpackungen von Nahrung, zurückgelassene Ausrüstungsgegenstände – verschandeln den Berg.

Wenigstens zwei bis drei Tonnen davon wollen Noguchi und seine Leute einsammeln und eine Auswahl dann in ihren Heimatländern ausstellen. Das soll das Bewusstsein dafür wecken, welche Probleme die Kletterer verursachen. Mehr als 1.300 Menschen haben schon auf dem Gipfel des Mount Everest gestanden, Kritiker sprechen von Kommerz.

Nepal verdient nicht schlecht an den Bergsteigern. Ein Team muss mindestens 70.000 Dollar (80.000 Euro) für eine Everest-Lizenz zahlen, 10.000 Dollar für andere Achttausender und bis zu 4.000 Dollar für niedrigere Gipfel. Die Ausgaben für die Expeditionen selbst liegen um ein Vielfaches höher.

In diesem Jahr fürchteten die Tourismusverantwortlichen, dass das Interesse nachlassen könnte. Fernreisen waren nach den Terrorattacken vom 11. September vergangenen Jahres zurückgegangen. Das Image von Nepal war zu diesem Zeitpunkt schon durch das Massaker an der Königsfamilie belastet. Und seit Ende vergangenen Jahres eskaliert der Krieg zwischen Maoisten und Armee sowie Polizei in Nepal.

Die Touristenzahlen gingen im vergangenen Jahr zurück, und auch mit Blick auf die Alpinisten meint ein Reiseveranstalter: „Die Situation ist nicht günstig für Abenteuersport.“ Es scheint jedoch, als kämen die Gipfelstürmer trotzdem. „Wir haben schon Lizenzen an 40 Teams vergeben, und am Ende wird die Zahl wieder über 50 liegen, wie im vergangenen Jahr“, hofft Ganesh Raj Karki, im Tourismusministerium für die Bergsteiger zuständig.

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