Sie ist für mich die ideale Symbiose aus moderner Technik und altbewährter Mechanik, schwärmt Luis Wüstner über sein liebstes Arbeitsgerät. 72 Jahre alt ist sie, heißt MS Austria und ist eines von insgesamt fünf Bodenseeschiffen der Vorarlberg Lines. Die Wintermonate können für einen Kapitän manchmal lange sein. Die Vorfreude steigt von Tag zu Tag. Bis man es kaum mehr erwarten kann, spricht Wüstner aus Erfahrung. Doch mit dem heutigen Samstag hat das Warten endlich ein Ende. Mit einem Tag der offenen Tür wird die diesjährige Schifffahrtssaison eingeläutet. Die 30. in der Schiffskarriere von Luis Wüstner. Doch wie jeder andere Kapitän musste auch der Lochauer zunächst klein anfangen.
Von der Pike auf
Ich habe während meiner Lehrzeit ein Praktikum auf dem Schiff gemacht. Dabei habe ich die Arbeit auf See kennen und schätzen gelernt, erzählt der 50-Jährige. Nach der Ausbildung erkundete er als Werkmann, Hafenarbeiter, Matrose, Kassier, Steuermann und Maschinist die Schiffe von der Pike auf. Bis er im Jahr 1990 schließlich das Patent für Fahrgastschiffe ablegen durfte. Seither ist er als Kapitän auf dem Bodensee im Einsatz. Zunächst auf der kleineren Montafon, seit 1999 auch auf den größeren Schiffen. Nur die Sonnenkönigin fehlt noch in der Palette. Wäre schön, wenn das noch klappen würde. Etwas Zeit habe ja noch, meint der Lochauer. Aber jedes Schiff muss gelernt werden, hat eine andere Technik, ein anderes Fahrverhalten. Grund dafür, weshalb die Ausbildung so lange dauert. Doch auch als Kapitän verrichtet Wüstner ab und an noch als Maschinist oder Steuermann seinen Dienst. Das macht aber genauso viel Spaß. Und was tut Kapitän eigentlich im Winter? Arbeiten natürlich. Nach rund neun Monaten auf See geht es in die Werkstatt. Dort stehen Revisions- und Reparatur arbeiten der Schiffe an. Wir unterstützen aber auch das Marketing, besuchen Messen und Kunden. Auch in die Erstellung des Fahrplans sind wir eingebunden, führt der Schiffsführer aus. Und in Fotos schwelgen und sich auf den Saisonstart freuen, steht in der kalten Jahreszeit ebenso auf dem Fahrplan.
Highlights des Tages
Denn Wüstner geht nie ohne Fotoapparat an Bord: Ich versuche, die besonderen Momente festzuhalten. Die gibt es auch noch nach 30 Jahren auf dem Bodensee jeden Tag. Mit Besuchern, in der Natur. Den Bodensee und den Beruf auf See kann man eben nicht planen. Jeden Tag warten neue Herausforderungen. Das Steuern der Schiffe ändert sich täglich. Genau das macht für Wüstner seine Arbeit aber auch aus: Ich wünsche jedem jungen Menschen, dass er einen so tollen Job findet, wie ich ihn habe. Bei seinen Urlaubsreisen zieht es den Hobbyfotografen dann weniger aufs Wasser. Städtetrips sind da eher sein Ding. Ein paar Tage reichen aber auch. Ich bin froh, wenn ich wieder nach Hause komme, sagt der Kapitän.
(VN)