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Auf Bonos Spuren

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Auf der Suche nach den neuen U2-Stationen und ihrer kulturellen Bedeutungsträchtigkeit

Ohne Umsteigen vom Karlsplatz bis zum Stadion und dem in den Startlöchern stehenden EM-technischen Verkehrschaos – wahrscheinlich – gerade noch entwischt. Doch abseits von grünem Rasen, rundem Leder und deren Erreichbarkeit halten die neuen – wenn auch noch ein bisschen staubhaltigen – U-Bahnstationen auch vor der Endstation einiges bereit. Eine Reise durch die kulturellen Errungenschaften der neuen U2-Stationen von Mord und Totschlag über Stromschläge bis hin zu nudistischen Leinwandfreuden.

Taborstraße: Ohne Pferde
Im 15. Jahrhundert noch unmittelbar hinter der Stadtmauer verschanzt und Anlaufstelle für müde Kutscher und Fuhrwerker auf Herbergssuche hat es die Taborstraße im Laufe ihres Bestehens weg von Pferden und deren Äpfeln bis hin zur Anbindung an das Wiener U-Bahn-Netz gebracht. Aber auch abseits verkehrstechnischer Errungenschaften ist neben dem weiterhin Euro-kritischen „10 Schilling Shop“ und den obligatorischen Kebapständen einiges an kulturellem Potenzial vorhanden.

Neben dem „Wiener Kriminalmuseum“ als realitätsaffinen Methadonlieferanten für Killer-Spiel-Junkies, schickt der Theaterverein „Odeon“ den Zusehern auch ohne vorherige Einnahme von Drogen auf den ein oder anderen avantgardistischen Trip. Für das leibliche Wohl der bisher sträflich vernachlässigten Tanzbeine sorgt danach vielleicht das „Bricks“ samt eingebauter Telefonzelle. Und wer am nächsten Morgen mit alkoholgeschwängerter Rot-Nase langsam die Stufen hinauftorkelt, ist im nahen „Clownmuseum“ optisch wahrscheinlich ganz gut aufgehoben.

Praterstern: Ohne Stern
Eine – wenn auch schon etwas bekanntere – Station weiter hält nicht nur der architektonisch schwer aufpolierte Bahnhof „Wien Nord“ für Visualisten einiges parat. Zusätzlich zu den traditionell um den Praterstern in diversen Etablissements angebotenen Tanzkünsten leicht bis gar nicht bekleideter Damen kommen im Sommer auch Cineasten im „Open Air Kino“ auf der Kaiserwiese auf ihre Kosten. Musikalisch untermalt von Straßenmusikanten am Hinweg und den elektronischen Klängen des „Fluc“ oder der gelegentlichen Events im angrenzenden Planetarium am abendlichen Heimweg. Nicht zu vergessen die zahlreichen Hilfeschreie diverser Praterbesucher mit ausgehobenem Magen.

Messe – Prater: Metallica gratis
Aber auf zu neuen Sphären. Das „Messezentrum Wien“ liegt ja nur zwei Katzensprünge entfernt. Einen in die U2 hinein und einen wieder hinaus. Dass dort neben Seniorenmessen und Wirtschaftskongressen auch Kultur ab und an eine Rolle spielt, zeigt die vor kurzem zu Ende gegangene „Viennafair“. Leider noch ohne U-Bahnanschluss, dafür aber mit zeitgenössischer Kunst. Abseits des kopflastigen Trubels bietet das „Original Wiener Kasperltheater“ eine vielleicht ganz willkommene Reise in die kindliche Vergangenheit. Es sei denn Puppenspieler Christoph Bochdansky ist wieder einmal zu Gast. Dann heißt’s wieder: „Für Erwachsene“. Aber halb so schlimm. Der Rotundenplatz der „Messe Wien“ wird ja auch ab und zu zum zerstreuungsfördernden Open-Air-Konzertgelände umfunktioniert. Und auch ohne gültigem Ticket ist man mehr als nur dabei.

Krieau: Mit Pferden
Ein wenig leiser geht es da in der Krieau zu. Bis auf das dumpfe Geräusch der trabenden Pferde auf der gleichnamigen Rennbahn ist die Geräuschkulisse vor allem von natürlichen Klängen bestimmt. Doch was ist das? Metall und Stein treffen wiederholt mit einem klirrenden Ton aufeinander. Der Übeltäter: Das benachbarte „Bildhauergebäude des Bundes“. Von Vorne zwar sehr unscheinbar eröffnet die Rückseite des Geländes Einblicke in den skultpurgefüllten Hinterhof. Ob die Objekte schon vollendet oder noch im Schaffensprozess begriffen sind, ist zwar nicht zu erkennen, das „Sommerkino“ auf der Tribüne Krieau bietet aber für alle die sich nach einem – wenn auch nicht immer fröhlichen – Ende sehnen, die passende Leinwand dazu.

Stadion: Ende Neu
Endstation: alles aussteigen – auch während der Europameisterschaft für viele Fans eine richtungsweisende Durchsage. Das Ernst-Happel-Stadion kann also nicht weit sein. Doch neben fußballerischem Flair sprüht im sommerlichen Wien normalerweise auch das ein oder andere musikalische Großereignis seine Schallwellen über die Nachbarschaft. Nicht immer zur Freude der Anrainer, versteht sich. Das benachbarte „Stadion Center“ scheint da schon mehr zu gefallen. Die inneren Werte zählen ja bekanntlich auch. Einen farbwechselnden Eisfall sieht die shoppende Meute eben nicht alle Tage. Und nachdem Kunst und Konsum am Ende der U2 endlich vereint sind, machen auch die 1,70 Euro für die Rückfahrt endlich wieder Sinn. Wenngleich zu Fuß deutlich mehr Zeit zum Genießen bleibt. (Quelle: chilli.cc)

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