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"New Start": Putin kündigte Aussetzung von Abrüstungsvertrag an

Abrüstungsvertrag "New Start": Eine Ankündigung kam von Russlands Präsident Putin.
Abrüstungsvertrag "New Start": Eine Ankündigung kam von Russlands Präsident Putin. ©APA/AFP/SPUTNIK/MIKHAIL METZEL
Eine Ankündigung zur Ausseztung des letzten großen atomaren Abrüstungsvertrags mit den USA kam von Wladimir Putin. Allerdings: Es handle sich nicht um einen Ausstieg aus dem "New-Start"-Vertrag aus dem Jahr 2010, so Russlands Präsident am Dienstag in seiner Rede zur Lage der Nation.

Die Beziehungen zwischen den USA und Russland sind wegen des russischen Angriffskriegs in der Ukraine auf einem Tiefpunkt.

Putin schob Putin Westen Schuld an Krieg zu

Obwohl er den Einmarsch in die Ukraine am 24. Februar 2022 selbst angeordnet hatte, schob Putin in seiner Rede zum wiederholten Mal dem Westen die Schuld an dem Krieg zu. "Sie haben den Krieg losgetreten", sagte er in Richtung westlicher Staaten. Russland versuche lediglich, die Kämpfe zu beenden, behauptete der Kremlchef in seiner Ansprache vor der Föderalen Versammlung. Diese setzt sich aus der Staatsduma und dem Föderationsrat zusammen. Auch Kirchenführer wie der russisch-orthodoxe Patriarch Kirill, Militärs und Künstler hörten der Rede in Moskau zu. Es gab viel Beifall für den Präsidenten; es waren aber auch viele reglose und versteinerte Mienen zu sehen.

Einmal mehr sagte Putin, in der Ukraine sei ein "Neonazi-Regime" an der Macht. Die "militärische Spezialoperation" - wie Moskau den Krieg bezeichnet - werde fortgesetzt. "Schritt für Schritt, sorgfältig und konsequent, werden wir die vor uns liegenden Aufgaben lösen." Der 70-Jährige kündigte dazu auch eine Modernisierung der russischen Armee an. "Der Ausstattungsgrad der nuklearen Abschreckungskräfte Russlands mit neuesten Systemen beträgt jetzt 91,3 Prozent", sagte er. Dieses Qualitätsniveau solle auch in den anderen Teilen der Streitkräfte erreicht werden.

Putin sagte finanzielle Hilfe zu

Den Kriegsteilnehmern und ihren Familien sagte Putin finanzielle Hilfe zu. Ebenso versprach er den annektierten Gebieten im Osten und Süden der Ukraine Wiederaufbau und Arbeitsplätze. Es werde neue Programme zur Entwicklung der vier "neuen Subjekte" geben. Bisher kontrolliert Russland nur einen Teil der völkerrechtswidrig annektierten Gebiete Luhansk, Donezk, Saporischschja und Cherson. Die Ukraine hat angekündigt, die Gebiete wieder zu befreien.

Durch die westlichen Sanktionen wegen des Kriegs habe sich Russland nicht erschrecken lassen, sagte Putin. "Sie wollen das Volk zum Leiden bringen, um so unsere Gesellschaft zu destabilisieren. Aber ihre Rechnung ist nicht aufgegangen." Nach seinen Worten haben sich "die russische Wirtschaft und das Verwaltungssystem als viel stärker erwiesen als vom Westen erwartet". Für diese Woche haben die EU und die USA neue Sanktionen angekündigt. Der Westen betont, dass die Sanktionen sich nicht gegen die Menschen in Russland richteten, sondern den Krieg in der Ukraine stoppen sollten.

Jermak: "Unsere Aufgabe ist es, sie aus der Ukraine herauszuhauen"

In der Ukraine kommentierte der Chef des Präsidentialamtes, Andrij Jermak, Putins Rede auf Telegram so: "Sie (die Russen) sind strategisch in einer Sackgasse. Unsere Aufgabe ist es, sie aus der Ukraine herauszuhauen und sie für alles zu bestrafen."

Russlands Präsident mit 18. Reder an die Nation

Für Putin war es seine 18. Rede an die Nation. Zuletzt hatte er sie im April 2021 gehalten. Im vergangenen Jahr war sie ausgefallen; der Kremlchef hatte dies nach Kriegsbeginn mit der "Dynamik der Ereignisse" erklärt. Am Dienstag war die Rede auch eine Art Fernduell mit US-Präsident Joe Biden. Dieser wollte nachmittags in der polnischen Hauptstadt Warschau zum bevorstehenden Jahrestag des Ukraine-Kriegs sprechen. Am Vortag hatte Biden Kiew besucht und der Ukraine weitere Unterstützung zugesagt.

Putin warf bei Abrüstungsvertrag "New Start" USA "Theater des Absurden" vor

Beim Vertrag "New Start" warf Putin den USA ein "Theater des Absurden" vor - weil Washington Moskau beschuldigt, keine Experten zur Inspektion der atomaren Verteidigungsanlagen ins Land zu lassen. Wenn in Zeiten solcher Spannungen jemand im Westen erwarte, dass Russland diesen Zugang gewähre, sei das "Blödsinn", sagte Putin.

Die Aussetzung des Vertrags begründete Putin damit, dass Frankreich und Großbritannien ihre Atomwaffenarsenale angeblich weiter entwickelten und ihre Nuklearpotenziale gegen Russland ausrichteten. Putin wertete auch Äußerungen der NATO zu "New Start" als Einmischung und Grund, den Vertrag zu überdenken.

Abrüstungsvertrag "New Start" einzigartig

Der Abrüstungsvertrag "New Start" ist das einzige noch verbliebene große Abkommen zur Rüstungskontrolle zwischen den USA und Russland. Er begrenzt die Atomwaffenarsenale beider Länder auf je 800 Trägersysteme und je 1.550 einsatzbereite Sprengköpfe. Zudem ist geregelt, dass Washington und Moskau Informationen über ihre strategischen Atomwaffenarsenale austauschen und bis zu 18 Verifikationsbesuche pro Jahr abhalten dürfen.

USA wiesen Putin-Vorwürfe zurück

Die US-Regierung hat Vorwürfe des russischen Präsidenten Wladimir Putin an den Westen als absurd zurückgewiesen. "Niemand greift Russland an", sagte der Nationale Sicherheitsberater von US-Präsident Joe Biden, Jake Sullivan, am Dienstag vor Journalisten. Die Vorstellung, "dass Russland in irgendeiner Form von der Ukraine oder sonst jemandem militärisch bedroht wurde", sei daher eine "Absurdität".

Putin hatte dem Westen zuvor die Schuld an der Eskalation des Ukraine-Konflikts gegeben und ihm vorgeworfen, Russland "ein für alle Mal erledigen" zu wollen. "Die Verantwortung für das Schüren des Ukraine-Konflikts, für seine Eskalation, für die vielen Opfer (...) liegt voll bei den westlichen Eliten", sagte Putin in Moskau bei seiner Rede zur Lage der Nation.

Putin: "Die westlichen Eliten halten Ziel nicht verborgen"

"Die westlichen Eliten halten ihr Ziel nicht verborgen: Russland eine strategische Niederlage zuzufügen, das heißt, uns ein für alle Mal zu erledigen", fügte Putin hinzu. Russland werde aber seine Offensive in der Ukraine "sorgfältig und systematisch" fortsetzen und so die Ziele seines Militäreinsatzes "Schritt für Schritt" erreichen.

US-Präsident Biden war am Montag in die ukrainische Hauptstadt Kiew gereist und hatte dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj die "unerschütterliche" Unterstützung der USA und weitere Waffenlieferungen zugesichert. Nach seiner Rückkehr nach Polen will er später am Dienstag eine Rede im Warschauer Schloss halten.

(APA/Red)

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