Atatürk schuf die laizistische Republik Türkei
Die von Atatürk geschaffene Staatsdoktrin, die eine strenge Trennung von Staat und Religion vorsieht, steht heute auf dem Prüfstand. Sowohl Islamisten als auch pro-westlich orientierte Kräfte kritisieren den autoritären und nationalistischen Charakter des „Kemalismus“.
Mustafa, der später mit den Ehrentiteln „Kemal“, „Gazi“ und „Atatürk“ bedacht wurde, kam 1881 in Saloniki zur Welt. Ab 1899 studierte er an der Militärakademie in Istanbul. 1905 wurde er zur Fünften Armee nach Damaskus geschickt. Dort gründete er die Geheimdorganisation „Vaterland und Freiheit“. Als 1908 eine konstitutionelle Staatsform im Osmanischen Reich ausgerufen wurde, zog er sich aus der Politik zurück und widmete sich ganz seinem Offiziersberuf. Als es aber in Istanbul zu einem Aufstand reaktionärer Kräfte kam, stellte er sich an die Spitze einer „Aktionsarmee“, um den Aufstand niederzuschlagen.
Mustafa Kemal wurde zum Generalstab nach Istanbul versetzt. 1911 bekämpfte er die italienischen Invasion in Tripolis . Zugleich schritt der Niedergang des Osmanischen Reiches unaufhaltsam voran. Der Eintritt der Türkei in den Ersten Weltkrieg (1914) brachte eine Ablenkung von den Geschehnissen und Entwicklungen im Inneren mit sich. Mustafa Kemal, zwischen 1913 und 1915 Militärattache in Sofia (Bulgarien), machte sich in diversen Kämpfen im Kaukasus und an den Dardanellen einen Namen.
Der Krieg endete für die mit Deutschland und Österreich-Ungarn verbündeten Türken mit einer vernichtenden Niederlage. Die alliierten Siegermächte besetzten Istanbul sowie andere Landesteile. Mustafa Kemal, der von der Regierung als Inspektor für die Nordprovinzen und Generalgouverneur für die Ostprovinzen mit dem Auftrag nach Anatolien gesandt wurde, für Ruhe und Ordnung zu sorgen, begann stattdessen nach seiner Landung in Samsun (19. Mai 1919), den nationalen Widerstand gegen die Besatzungsmächte zu organisieren, und gründete eine Notstandsregierung in Ankara.
Für diese Tat wurde er von der Istanbuler Regierung zum Rebellen erklärt und sogar zum Tode verurteilt. Damit das Land nicht vollständig unter den Siegermächten aufgeteilt werde, setzte ein dreijähriger, verbissener Befreiungskampf gegen die Besatzungsmächte ein, der damit endete, dass der Türkei die Unabhängigkeit zugesichert wurde. Die griechische Bevölkerung wurde aus der Westtürkei vertrieben. Im Jahre 1923 wurde schließlich die Türkische Republik verkündet. Mustafa Kemal wurde Staatspräsident und bestimmte die Geschicke im neuen Staatsgebilde.
Gegen den erbitterten Widerstand traditionalistischer Kräfte setzte Atatürk eine strikte Trennung von Staat und Religion durch. Den Frauen wurde das Tragen des Schleiers in der Öffentlichkeit verboten, den Männern der traditionelle Fez. Statt des arabischen Alphabets wurde die lateinische Schrift eingeführt. Die Verfassung und das Rechtssystem wurden nach europäischen Normen ausgerichtet. Zugleich wurden separatistische Bestrebungen – vor allem der Kurden – brutal unterdrückt. Dem Militär wurde eine vorrangige Stellung bei der Wahrung des politischen Systems eingeräumt.
Als das Parlament 1936 das neue Gesetz für Familiennamen verabschiedete, verlieh es Mustafa Kemal zugleich den Familiennamen Atatürk (Vater der Türken). In seinen letzten Lebensjahren war Atatürk von Krankheit gezeichnet. Am 10. November 1938 starb er in Istanbul. Seit 1953 ruhen seine sterblichen Überreste in einem monumentalen Mausoleum in Ankara. Im ganzen Land erinnern Denkmäler und Gedenkstätten auch heute an den Schöpfer der modernen Türkei.