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Assange-Auslieferung: Womöglich letzte Anhörung hat begonnen

Assange nimmt nicht persönlich teil - Termin der Entscheidung noch unbekannt.
Assange nimmt nicht persönlich teil - Termin der Entscheidung noch unbekannt. ©AFP
In London hat am Dienstag die womöglich letzte Anhörung über eine Auslieferung von Wikileaks-Gründer Julian Assange an die USA begonnen. Der 52-Jährige hofft darauf, noch einmal Berufung gegen seine drohende Überstellung einlegen zu können.
Chronologie: Jahrelanger Kampf gegen Auslieferung

Ein zuvor abgelehnter Antrag darauf sollte bei der zweitägigen Anhörung vor dem High Court nochmals geprüft werden. Assange nahm nicht persönlich an dem Termin teil. Nach Angaben seines Anwalts Edward Fitzgerald fühlte er sich unwohl.

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Hunderte fordern Freilassung von Assange

Fitzgerald betonte, sein Mandant werde wegen "einer gewöhnlichen journalistischen Praxis" strafrechtlich verfolgt. Vor dem Gerichtsgebäude Royal Courts of Justice forderten Hunderte Menschen mit Sprechchören und Bannern die Freilassung Assanges. Assanges Ehefrau Stella wandte sich von einer Bühne an die Demonstranten: "Vor uns liegen zwei wichtige Tage. Wir wissen nicht, was wir zu erwarten haben, aber Ihr seid hier, weil die Welt zuschaut." Am Nachmittag findet auch in Wien ein Demonstrationszug unter dem Motto "Freilassung von Julian Assange und die Wahrung der Presse- und Meinungsfreiheit" statt.

Stella Assange befürchtet, dass ihr Mann innerhalb von Tagen in ein Flugzeug in Richtung USA gesetzt werden könnte. (Bild: Reuters)

Assange könnte in wenigen Tagen im Flugzeug sitzen

Wann genau eine Entscheidung über den Berufungsantrag fallen soll, stand zunächst nicht fest. Stella Assange befürchtet jedoch, dass der 52-Jährige innerhalb von Tagen in ein Flugzeug in Richtung USA gesetzt werden könnte. Sollte dem Antrag auf Berufung nicht stattgegeben werden, wäre der Rechtsweg in Großbritannien ausgeschöpft. Das US-Justizministerium will ihm in den USA wegen Spionagevorwürfen den Prozess machen. Bei einer Verurteilung dort drohen Assange bis zu 175 Jahre Haft.

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Letzte Möglichkeit: Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte

Für Assange bliebe im Fall einer Ablehnung noch der Gang vor den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR). Dort werde sein Team sofort einen Antrag auf eine einstweilige Verfügung stellen, um eine sofortige Auslieferung zu verhindern, kündigte Stella Assange an. Es gebe jedoch die Sorge, dass die britische Regierung eine solche Anordnung ignorieren könnte.

Julian Assanges Vater John Shipton in London. (Bild: AP)

Stella Assange befürchtet "Mordkomplott" der USA

Auch Stella Assange äußerte gegenüber der Tageszeitung "Die Presse" (Onlineausgabe) die Sorge, dass Großbritannien die EGMR-Entscheidung ignorieren könnte. Hinsichtlich des Ausgangs der aktuellen Anhörung zeigte sie sich pessimistisch - es seien selbst "handfeste Beweise dafür, dass die US-Regierung konkrete Pläne zur Ermordung Julians erörtert und geschmiedet hat, von den britischen Gerichten beiseite gewischt" worden. Die USA hätten ein "Mordkomplott" gegen ihren Ehemann geschmiedet. Im Falle einer Auslieferung an die USA werde er "Bedingungen ausgesetzt sein, die so quälend sind, dass sie ihn in den Selbstmord treiben würden", sagte sie im "Presse"-Interview. Zudem sei der Fall Assange der "größte Angriff auf den internationalen Journalismus, den die Welt je gesehen hat. Er kriminalisiert nicht nur den journalistischen Prozess, sondern auch das Recht der Öffentlichkeit auf Information".

Seit 2019 im Londoner Hochsicherheitsgefängnis

Das juristische Tauziehen um Assange dauert schon Jahre. Die US-Regierung wirft Assange vor, gemeinsam mit der Whistleblowerin Chelsea Manning geheimes Material von US-Militäreinsätzen im Irak und in Afghanistan gestohlen, veröffentlicht und damit das Leben von US-Informanten in Gefahr gebracht zu haben. Unterstützer sehen in Assange einen Journalisten, der Kriegsverbrechen ans Licht gebracht hat. Seit April 2019 sitzt er im Londoner Hochsicherheitsgefängnis Belmarsh in Haft.

"Einzelhaft zermürbt die Menschen"

Dass Assange überhaupt in einem Gefängnis für Terroristen und Schwerverbrecher festgehalten werde, sei ein "Skandal", kritisierte der österreichische Menschenrechtsexperte Manfred Nowak im Ö1-Mittagsjournal. Denn eigentlich handle es sich nur um eine "Auslieferungshaft". Im Falle einer Auslieferung in die USA würden den WikiLeaks-Gründer noch schwierigere Haftbedingungen - und vor allem wieder Einzelhaft - erwarten. "Das zermürbt die Menschen", betonte Nowak. Die USA würden versuchen, Whistleblower wie Assange oder Edward Snowden "möglichst hart anzupacken". Dass europäische Staaten wie Großbritannien und Schweden auf Druck der USA hin "mitgespielt hätten", finde er "wirklich bedenklich". Sollte sich Assange an den EGMR wenden, rechnet Nowak damit, dass dieser eine einstweilige Verfügung erlassen werde.

(APA)

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