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Artikel-7-Verfahren: Die "Atombombe" im EU-Vertrag

Schon 2018 wurden Artikel-7-Verfahren in der EU gegen die Staaten Ungarn und Polen geprüft.
Schon 2018 wurden Artikel-7-Verfahren in der EU gegen die Staaten Ungarn und Polen geprüft. ©DPA/Horst Ossinger (Symbolbild)
Er soll sicherstellen, dass sich alle EU-Mitgliedsstaaten an Werte wie Demokratie und Rechtsstaatlichkeit halten: Der Artikel-7 des EU-Vertrags. Darum wird er in Brüssel auch als "Atombombe" bezeichnet.
FPÖ verlangt von EU Artikel-7-Verfahren

Mit Artikel-7 des EU-Vertrags soll sichergestellt werden, dass sich alle EU-Mitgliedstaaten an Werte wie Demokratie und Rechtsstaatlichkeit halten. Er sieht bei "schwerwiegender und anhaltender Verletzung" der Werte als schwerste Sanktion eine Aussetzung der Stimmrechte des Mitgliedstaates vor. Weil es so schwerwiegende Sanktionen möglich macht, wird es in Brüssel auch als "Atombombe" bezeichnet. Die Hürden dafür sind allerdings äußerst hoch.

Um ein solches Verfahren einleiten zu können, braucht es nämlich einen "begründeten Vorschlag" der EU-Kommission, des Europaparlaments oder eines Drittels der EU-Mitgliedsstaaten.

Artikel-7-Verfahren: Die "Atombombe" im EU-Vertrag

Im ersten Schritt des Verfahrens ist vorgesehen, dass offiziell festgestellt wird, dass in einem Land die "eindeutige Gefahr einer schwerwiegenden Verletzung" von EU-Werten besteht. Dafür wäre im Rat der Mitgliedstaaten eine Vier-Fünftel-Mehrheit erforderlich. Das heißt, 22 Länder müssten zustimmen. Vor dem Beschluss muss das betroffene Mitgliedsland angehört werden.

Es muss eine schwerwiegende Verletzung von EU-Werten vorliegen

In einem zweiten Schritt müssten die EU-Partner dann sogar einstimmig feststellen, dass eine "schwerwiegende und anhaltende Verletzung" der Werte tatsächlich vorliegt. Dabei ist auch die explizite Zustimmung des Europaparlaments erforderlich.

Qualifizierte Mehrheit im Rat benötigt, um Sanktionen zu erlassen

Erst danach könnte mit sogenannter qualifizierter Mehrheit beschlossen werden, bestimmte Rechte des Landes - einschließlich der Stimmrechte - auszusetzen. Die qualifizierte Mehrheit würde in diesem Fall die Zustimmung von mindestens 20 Staaten mit mindestens 65 Prozent der EU-Bevölkerung erfordern.

FPÖ verlangt Artikel-7-Verfahren gegen Österreich wegen Impfpflicht

Die FPÖ will gegen die Impfpflicht in Österreich die Einleitung eines Artikel-7-Verfahrens bei der EU-Kommission gegen Österreich verlangen. Mit der Impfpflicht verletze Österreich die Grundwerte der EU, die 1997 mit dem Vertrag von Amsterdam eingeführt wurden, sagte EU-Abgeordneter Roman Haider hat am Mittwoch.

SPÖ äußerte sich zu FPÖ-Vorhaben skeptisch

Die SPÖ äußerte sich skeptisch. "Ein Gesetz zum gesundheitlichen Schutz der Bevölkerung mit dem systematischen Abbau von Demokratie, Rechtsstaat und freier Presse gleichzusetzen, ist inhaltlich falsch und überdies politisch verantwortungslos", sagte SPÖ-EU-Abgeordnete Bettina Vollath. Im Regelwerk sei außerdem nicht vorgesehen, dass ein EU-Abgeordneter alleine das Verlangen auf Einleitung eines Artikel-7-Verfahrens bei der EU-Kommission einbringen könne. Dafür brauche es ein geregeltes Verfahren im EU-Parlament.

Artikel-7-Verfahren hat es in der EU bereits gegen die Mitgliedsstaaten Ungarn und Polen gegeben.

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(APA/Red)

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