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Armut sinkt, aber Ungleichheit steigt

4,2 Prozent der Österreicher sind arm
4,2 Prozent der Österreicher sind arm
Armut und Armutsgefährdung sind seit Ausbruch der Wirtschaftskrise gesunken. Das geht aus dem Sozialbericht 2013/2014 hervor. Maßgeblich für die im EU-Vergleich niedrige Armutsgefährdung der Österreicher ist demnach vor allem die staatliche Umverteilungspolitik: Fast 30 Prozent der Wirtschaftsleistung fließen in Sozialmaßnahmen. Die Einkommens-Ungleichheit steigt aber weiter an.


Ohne Pensionen und Sozialleistungen wären laut dem alle zwei Jahre vom Sozialministerium veröffentlichten Sozialbericht 44 Prozent der Österreicher (3,7 Millionen Menschen) armutsgefährdet, tatsächlich sind es nur 14,4 Prozent (1,2 Millionen Personen) – deutlich weniger als in den 28 EU-Ländern. Tatsächlich arm (von “erheblicher materieller Deprivation” betroffen) sind 4,2 Prozent der Bevölkerung, also rund 355.000 Personen. Beide Werte sind seit Ausbruch der Wirtschaftskrise noch gesunken (die Armutsgefährdung von 15,2 auf 14,4 Prozent, die materielle Deprivation von 5,9 auf 4,2 Prozent).

Die Kosten des Sozialsystems sind seit 2008 zwar gestiegen – und zwar von 27,6 auf 29,8 Prozent der Wirtschaftsleistung 2013. In anderen EU-Staaten fiel das Wachstum aber stärker aus: So lag Österreich 2008 mit einer Sozialquote leicht über dem EU-Durchschnitt noch auf Rang acht in der Union, 2011 lag Österreich mit Sozialausgaben leicht unter dem Durchschnitt auf Rang elf.

Außerdem weist das Sozialministerium in dem Bericht darauf hin, dass das Wachstum der Sozialausgaben seit Mitte der 1990er Jahren “spürbar verringert” worden sei: Die realen (also inflationsbereinigten) Sozialausgaben pro Kopf stiegen damals um 3,2 Prozent, in den vergangenen beiden Jahren waren es nur 0,7 bzw. 0,3 Prozent – und zwar trotz stark steigender Kosten des Pensionssystems: “Die erhöhten alterungsbedingten Mehrkosten wurden durch kostendämpfende Konsolidierungsmaßnahmen weitgehend ausgeglichen”, heißt es dazu im Bericht. Finanziert werden die Sozialleistungen gut zur Hälfte aus Arbeitgeber- und Arbeitnehmerbeiträgen, ein weiteres Drittel kommt aus dem Budget.

Während die Armutsgefährdung sinkt, steigt die Einkommens-Ungleichheit weiter an: Der Gini-Koeffizient (bei 0 herrscht absolute Gleichverteilung, bei 1 erhält einer alles) bei den Arbeitnehmereinkommen ist von 0,448 im Jahr 2008 auf 0,456 im Jahr 2012 angestiegen. Deutlich weniger ungleich als die Personeneinkommen sind allerdings die Haushaltseinkommen verteilt: Hier lag der Gini-Koeffizient 2008 bei 0,329 und stieg bis 2011 auf 0,345. Dementsprechend ist auch der Anteil der ärmeren Haushalte am Gesamteinkommen gesunken (von 9,2 auf 8,1 Prozent), jener des einkommensstärksten Fünftels aber gestiegen (von 36,2 auf 37,3 Prozent).

Während SPÖ und Grüne den Sozialbericht als Wasser auf die Mühlen ihrer Steuerreform-Forderungen interpretieren, lehnt die ÖVP Vermögenssteuern weiter ab. Für die FPÖ belegt der Sozialbericht 2013/2014 das “völlige Versagen des Sozialministers mit seiner SPÖ und zwar auf allen Ebenen”. Die Armutskonferenz fordert Investitionen in Schule, Wohnen und soziale Dienstleistungen. Der ÖGB pocht weiterhin darauf, das gesamte Steuerreform-Volumen den Arbeitnehmern zukommen zu lassen. Die Industriellenvereinigung warnt vor Umverteilung.

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