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Arbeitsmarktreform in Italien: Erste Zerreißprobe für "Super-Mario"

talienischer Premier auf Konfrontationskurs mit Gewerkschaften wegen Lockerung des
talienischer Premier auf Konfrontationskurs mit Gewerkschaften wegen Lockerung des ©EPA
Vier Monate nach seinem Amtsantritt ist Italiens Ministerpräsident Mario Monti mit seiner ersten Zerreißprobe konfrontiert.

Der parteiunabhängige Wirtschaftsprofessor, der in Italien trotz seiner drastischen Sparpolitik eine besonders große Popularität genießt, bekommt erstmals scharfen Gegenwind zu spüren.

Arbeitsmarktreform soll trotz Veto verabschiedet werden

Trotz des Vetos der stärksten italienischen Gewerkschaftsorganisation CGIL will der Ministerrat am heutigen Freitag eine umfangreiche Arbeitsmarktreform verabschieden, die unter anderem Italiens strengen Kündigungsschutz auflockern soll. Damit geht Monti mit dem mächtigen CGIL-Verband auf Konfrontationskurs, der bereits zu einem achtstündigen Generalstreik gegen die Reformpläne aufgerufen hat.

Streitpunkt Nummer eins ist die Revision von Artikel 18 des Arbeitsgesetzes aus dem Jahr 1970. Er garantiert Angestellten, deren Kündigung vom Gericht als unrechtmäßig erklärt wird, die Rückkehr zu ihrem alten Arbeitsplatz. Sämtliche Löhne, die in der Zwischenzeit angefallen sind, müssen ausbezahlt werden. Da in Italien teilweise bis zu zehn Jahre prozessiert wird, kann die Summe am Ende sehr hoch sein.

Die Regierung Monti will den Artikel 18 lockern, indem Firmen die Arbeitnehmer nicht unbedingt wieder einstellen müssen. Eine finanzielle Abgeltung soll genügen. Die Gewerkschaften sind damit nicht einverstanden. Sie befürchten, dass mit der Revision von Artikel 18 tausenden Arbeitnehmern gekündigt werden könnte. Monti will jetzt versuchen, ohne die CGIL-Zustimmung seine Reform im Parlament durchzubringen. Ihm droht eine heftige Protestwelle, die bereits begonnen hat.

Lockerung des Kündigungsschutzes: Proteste in Fabriken

In mehreren italienischen Fabriken wurde am Freitag am zweiten Tag in Folge gegen die geplante Lockerung des Kündigungsschutzes protestiert. Zu Demonstrationen kam es in den Werken des Motorrollerherstellers Piaggio im toskanischen Pontedera, sowie den Schiffswerften der Gruppe Fincantieri in Genua und in der ligurischen Hafenstadt La Spezia.

Monti lässt sich nicht beeindrucken und bleibt hart. Der Regierungschef betonte, dass es keine Alternative zur Lockerung des Kündigungsschutzes gebe. Die Regierung werde auch ohne Unterstützung des CGIL-Verbands – mit sechs Millionen Anhängern Italiens stärkste Arbeitnehmerorganisation – die Reform über die Bühne bringen. Monti handelt mit der vollen Unterstützung von Präsident Giorgio Napolitano. Wegen der Revision des Artikels 18 werde es zu keinen willkürlichen Massenkündigungen kommen, versicherte Napolitano am Freitag.

Industriellenchefin Emma Marcegaglia forderte Monti auf, dem CGIL-Druck nicht nachzugeben. “Eine Verwässerung der Reform wäre für uns inakzeptabel”, erklärte Marcegaglia. Auch der Chef der stärksten Einzelpartei im Parlament “Volk der Freiheit” (PdL – Popolo della libertá), Angelino Alfano rief die Regierung Monti auf, trotz des CGIL-Widerstands die Reform umzusetzen. “Die Arbeitsmarktregeln müssen unbedingt modernisiert werden. Die Regierung darf sich vom Veto der Gewerkschaften nicht einschüchtern lassen”, meinte Alfano.

Die Arbeitsmarktreform droht die Koalition zu spalten, die Monti im römischen Parlament unterstützt. Die Mitte-links-Gruppierung “Demokratische Partei” (PD, zweitstärkste Partei im Parlament) sympathisiert mit der Position des CGIL-Verbands.

Vize-Wirtschaftsminister Vittorio Grilli bezeichnete die Arbeitsmarktreform als notwendigen Schritt, um die Arbeitslosigkeit zu bekämpfen und Jugendlichen den Einstieg in die Berufswelt zu erleichtern. Rückendeckung bekommt die Regierung Monti auch von der EU. “Mit der Reform kann Italiens Arbeitsmarkt flexibler werden. Das entspricht unserem Ziel eines dynamischeren Markts”, kommentierte EU-Beschäftigungskommissar Laszlo Andor. Die Reform sei “ehrgeizig” und für die wirtschaftliche Zukunft Italiens besonders wichtig. Andor lobte Montis zähe Bemühungen, zu einer Einigung mit den Sozialpartnern zu gelangen.

(APA)

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