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Arbeiter die großen Verlierer

Fast nur Arbeiterinnen und Arbeiter haben ihre Jobs verloren und müssen sich nun in einer äußerst angespannten Wirtschaft neu orientieren. (Foto: Ingo Bartussek/ adobe.com)
Fast nur Arbeiterinnen und Arbeiter haben ihre Jobs verloren und müssen sich nun in einer äußerst angespannten Wirtschaft neu orientieren. (Foto: Ingo Bartussek/ adobe.com)
Eine kaum beachtete Analyse des Wifo zur Corona-Krise am Arbeitsmarkt zeigt: Fast nur Arbeiterinnen und Arbeiter verloren ihre Jobs.

Das Ungleichgewicht könnte größer kaum sein: Neun von zehn verlorenen Jobs betrafen Arbeiter, nur einer Angestellte. Ökonom Helmut Mahringer und seine Kollegen am Wirtschaftsforschungsinstituts (Wifo) haben den Monat April 2020 analysiert. Dafür haben sie die Entwicklung der aktuellen Beschäftigungszahlen mit jenen aus dem Vorjahr verglichen. So warfen sie einen ungeschminkten Blick hinter die Kulissen der Betriebe. Die Zahl der unselbstständig Beschäftigten war im April 2020 durch die Corona-Krise um 188.900 gesunken. Die Analyse ergab: „Im April belief sich der Beschäftigungsrückgang unter Arbeiterinnen und Arbeitern auf minus zwölf Prozent, unter Angestellten und Beamten gab es dagegen mit minus 0,8 Prozent kaum Beschäftigungseinbußen.“ Aber wie ist das möglich?

Ungleich vor dem Gesetz

Einen Grund findet Mahringer in den unterschiedlichen Kündigungsfristen: Arbeiter können aufgrund der „Gewerbeordnung von 1859“ binnen einer Kündigungsfrist von zwei Wochen gekündigt werden. Kollektivverträge können davon abweichen: Bauarbeiter etwa, die noch keine fünf Jahre tätig sind, können binnen fünf Tagen zum Ende der Arbeitswoche hin gekündigt werden. Gebäude- und Fassadenreiniger haben eine Kündigungsfrist von einer Woche. In der Gastronomie sind es bei unbefristeten Verträgen zwei Wochen, sonst erfolgt die Kündigung mit Saisonende.

Angestellte stehen vor Gesetz und Kollektivvertrag erheblich besser da: Sie dürfen oft nur zur Mitte des Monats oder am Monatsende gekündigt werden, meist unter Einhaltung einer sechswöchigen Frist oder noch länger.

Arbeiter wird man rascher los

Als die Krise voll zuschlug, war es für viele Unternehmen interessanter, ihre Angestellten in Kurzarbeit zu schicken, als sie unter Umständen noch sechs Wochen zu bezahlen und dann zu kündigen. Das Kurzarbeitsgeld vom AMS stand ja auch rückwirkend ab März zu. Von Arbeitern trennt man sich hingegen deutlich schneller. Das hat den stärkeren Jobabbau mitverursacht, so Mahringer. Während etwa im Handel mit traditionell vielen Angestellten die Kurzarbeit intensiv genutzt wurde, wurden Leiharbeiter deutlich öfter gekündigt.

„Milde Gabe“ reicht nicht

„Vor diesem Hintergrund wird der Ruf nach einem höheren Arbeitslosengeld noch lauter“, betont AK-Präsident Hubert Hämmerle. Denn die Regierung hat ja stattdessen eine einmalige „milde Gabe“ von pauschalen 450 Euro, aufgeteilt auf drei Mal 150 Euro, beschlossen. „Das hilft gerade denen nicht, die von der Krise am härtesten betroffen sind.“

In Vorarlberg arbeiten mehr als 22.400 Frauen und Männer im Einzelhandel, Gesundheits- und Sozialwesen und in den Pflegeheimen für weniger als zehn Euro netto pro Stunde. „Diese Menschen haben schon Geldsorgen, wenn sie Arbeit haben – wenn sie die Arbeit verlieren, reichen 55 Prozent des letzten Einkommens bei weitem nicht mehr aus, um die wichtigsten Kosten des Lebens abzudecken.“ Deshalb ist ein Mindestlohn von 1700 Euro netto, ist der Ruf nach höherem Arbeitslosengeld kein Hirngespinst, „sondern eine Frage der Gerechtigkeit“.

Beschäftigte Wirtschaftsbereiche

Hilfe aus dem Härtefonds

Die AK Vorarlberg greift Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern seit Beginn der Krise finanziell unter die Arme. Inzwischen wurden aus dem von der AK mit fünf Millionen Euro dotierten Härtefonds rund 1000 Anträge auf Unterstützung bearbeitet. Ursprünglich war der AK Härtefonds auf drei Monate angelegt. Aber sollten sich Betroffene nach Ablauf der ersten drei Monate noch immer in Schwierigkeiten befinden, können sie erneut um Hilfe ansuchen.“

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