AA

Arbeiten im Homeoffice: Wie sich unser Wohnen dadurch langfristig verändert

Die klassische Trennung von Arbeit und Wohnen wird immer durchlässiger.
Die klassische Trennung von Arbeit und Wohnen wird immer durchlässiger. ©Canva (Symbolbild)
Die Corona-Pandemie hat unsere Arbeitswelt tiefgreifend verändert – mit nachhaltigen Folgen für das Wohnen. Homeoffice hat sich in vielen Branchen zur etablierten Arbeitsform entwickelt. Das beeinflusst nicht nur, wie wir arbeiten, sondern auch, wie wir wohnen – und wie wir künftig wohnen wollen.

Eine aktuelle Studie des Complexity Science Hub unter der Leitung des Ökonomen Fabian Braesemann hat gezeigt, dass sich das Wohnverhalten in Wien seit der Covid-19-Pandemie und dem damit verbundenen Aufschwung des Homeoffice nachhaltig verändert hat. Grundlage der Analyse waren 120.000 Wohnungsinserate auf der Plattform willhaben.at.

Studie zum Wohnverhalten in Wien

Wichtigstes Ergebnis: Merkmale, die für das Arbeiten von zu Hause relevant sind – etwa mehr Zimmer, Balkone oder Terrassen, zusätzliche Badezimmer oder Stellplätze – werden seit der Pandemie deutlich stärker nachgefragt. Im Gegenzug verloren klassische Treiber wie Innenstadtlage oder Nähe zum öffentlichen Verkehr an Bedeutung.

Diese Veränderungen spiegeln sich laut Fonds Professionell auch in den Mietpreisen wider: Während die Mieten in den inneren Bezirken (1–9) seit 2018 um rund 9 % gestiegen sind, legten sie in den äußeren Bezirken (10–17, 20–23) um etwa 15 % zu. In besonders grünen und wohlhabenden Außenstadtbezirken wie Hietzing, Währing oder Döbling stiegen die Mieten hingegen mit nur 3,2 % deutlich langsamer.

Die Studienautor:innen sehen darin eine langfristige Verschiebung, die auch stadtplanerische Konsequenzen hat. Um den neuen hybriden Arbeitsrealitäten gerecht zu werden, braucht es mehr geeigneten Wohnraum in den Außenbezirken sowie eine bessere Versorgung mit Infrastruktur wie Nahversorgung, Mobilitätsangeboten und Freizeitmöglichkeiten außerhalb der klassischen Pendlerachsen.

Studien zur flexiblen Arbeitswelt in Österreich

Eine aktuelle Deloitte-Studie zur flexiblen Arbeitswelt zeigt: Der Schwung, den das Homeoffice während der Pandemie aufgenommen hat, hat in den Jahren danach spürbar nachgelassen. Im Jahr 2022 boten noch 90 % der befragten Unternehmen mindestens der Hälfte ihrer Beschäftigten die Möglichkeit, von zu Hause aus zu arbeiten. Zwei Jahre später, im Jahr 2024, ist dieser Anteil auf 73 % gesunken. Noch deutlicher ist der Rückgang bei der tatsächlichen Nutzung: Während 2022 rund 82 % der Mitarbeiter:innen regelmäßig im Homeoffice tätig waren, sind es aktuell nur noch 65 %. Das entspricht einem Rückgang von 17 Prozentpunkten – ein klares Zeichen dafür, dass sich die anfängliche Euphorie rund um das ortsunabhängige Arbeiten inzwischen deutlich abgeschwächt hat.

Auch eine Erhebung von meinbezirk.at bestätigt diesen Rückgang und verweist darauf, dass manche Unternehmen sogar wieder eine komplette Rückkehr ins Büro fordern. Dennoch bleibt Homeoffice für viele Arbeitnehmer:innen ein zentrales Anliegen, das bei der Wohnraumsuche mitgedacht wird.

Neues Telearbeit-Gesetz seit 2025 in Kraft

Die Politik hat auf diesen Wandel reagiert: Mit 1. Jänner 2025 trat in Österreich ein neues Gesetz zu Telearbeit in Kraft. Dieses erlaubt nicht nur das Arbeiten von zu Hause, sondern auch von anderen Orten wie Coworking-Spaces oder sogar Cafés. Entscheidend ist dabei eine klare vertragliche Vereinbarung mit dem Arbeitgeber. Die Arbeiterkammer, die Wirtschaftskammer und auch der ÖGB haben bereits umfassende Informationsangebote zu den neuen Rahmenbedingungen erstellt.

Diese Transformation wirkt sich nicht nur auf Wohnungen, sondern auch auf Bürogebäude aus. Unternehmen hinterfragen ihre Flächennutzung und stellen auf neue Konzepte um – weniger Einzelarbeitsplätze, dafür mehr Besprechungs- und Gemeinschaftszonen. Laut einer Studie des ifo-Instituts ist Desk Sharing mittlerweile in vielen Firmen Standard. Der Rückzug ins Homeoffice soll durch gezielte Begegnungsräume im Büro ergänzt werden, um die Zusammenarbeit zu fördern.

Klassische Trennung von Arbeit und Wohnen wird immer durchlässiger

Was bleibt, ist ein hybrides Bild: Wohnraum muss künftig sowohl Privatleben als auch professionelle Nutzung vereine könnenn. Die klassische Trennung von Arbeit und Wohnen wird durchlässiger. Damit steigen die Anforderungen an Architektur, Grundrissgestaltung und Infrastruktur. Schon jetzt fließt diese Entwicklung in neue Wohnbauprojekte ein – mit multifunktionalen Räumen, Gemeinschaftsbüros im Wohnhaus oder akustisch optimierten Rückzugsorten.

Mehr zum Thema Immobilien

(Red)

  • VIENNA.AT
  • Österreich
  • Arbeiten im Homeoffice: Wie sich unser Wohnen dadurch langfristig verändert
  • Kommentare
    Kommentare
    Grund der Meldung
    • Werbung
    • Verstoß gegen Nutzungsbedingungen
    • Persönliche Daten veröffentlicht
    Noch 1000 Zeichen