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Aragones "traut" Italienern nicht

Rein sachlich sehen sich die Spanier vor dem Viertelfinalspiel der EURO 2008 am Sonntag gegen Italien leicht im Vorteil. Nach den bisherigen Leistungen erscheint dies gar nicht so abwegig.

Doch dann gibt es da noch andere Faktoren. Einen irrationalen, den selbst ein alter Trainerfuchs wie Luis Aragones nicht beeinflussen kann: “Den Italienern kann man nie trauen”.

Und dann sind da noch Emotionen im Spiel, sobald an das umstrittene 1:2 im WM-Viertelfinale 1994 in den USA gegen den Gegner vom Sonntag erinnert wird. Luis Enrique, einer der Protagonisten von damals, heizt die Stimmung im Vorfeld des Matches noch an: Er fordert nicht weniger als “Rache”.

“Vendetta, vendetta”, lauteten seine ersten, in Italienisch gehaltenen Worte, als der Ex-Teamstürmer auf den Viertelfinalrivalen Italien angesprochen wurde. Die spanischen Medien wollten da um nichts nachstehen und stellten die Fotos und Videos von 1994 ins Internet, auf denen zu sehen ist, wie Italien-Verteidiger Mauro Tassotti dem damaligen Mittelfeldspieler von Real Madrid im “Foxboro Stadium” von Boston mit einem Ellbogen-Check knapp vor Schluss einen dreifachen Nasenbeinbruch zufügte.

Obwohl dies im Strafraum geschah, gab der ungarische Schiedsrichter Sandor Puhl keinen Elfmeter, weil sich die Szene hinter seinem Rücken abspielte. Tassotti wurde nachträglich für acht Spiele gesperrt, seine Teamkarriere war damit beendet. Obwohl auch Enrique über die Geschehnisse von 1994 ähnlich denkt wie die Tageszeitung “El Mundo” (“Italien, das haben wir nicht vergessen”) kann er heute sogar ein paar Witze darüber machen. “Ich will eigentlich nicht, dass meine Kinder diese Bilder sehen. Die glauben noch, ich hätte mich damals geprügelt.”

Ein Treffen mit Tassotti gab es bisher nicht, obwohl Frank Rijkaard, Enriques späterer Trainer beim FC Barcelona, einmal eines vermitteln wollte. Der Niederländer ist mit Tassotti aus gemeinsamen Zeiten beim AC Milan befreundet. Aber eigentlich wüsste er ohnehin nicht, was er mit seinem italienischen Rivalen von vor 14 Jahren groß reden sollte, meinte der heute 38-Jährige, der in seiner Karriere in 62 Länderspielen 12 Tore erzielt und an drei WM-Endrunden (1994, 1998 und 2002) sowie einer EURO (1996) und einmal an Olympischen Spielen (Goldmedaille 1992) teilgenommen hatte. “Ich glaube, ich würde einmal nichts sagen. Ich denke, es liegt an ihm mir etwas zu erklären.”

Spaniens Teamcoach Luis Aragones wiederum misstraut den “Azzurri” vor allem, weil sie selbst in Krisenzeiten immer für ein Weiterkommen bei wichtigen Turnieren gut sind. “Vielleicht haben sie gerade nicht ihren allerbesten Moment, aber sie wissen zu kämpfen wie kaum wer anderer. Sie haben eine geradezu barbarische Hingabe, und selbst wenn sie sehr schlecht drauf sein mögen, können sie einem das Leben immer schwer machen, und wenn sie sehr gut sind, gewinnen sie sowieso.”

Von den reinen fußballerischen Fakten her sieht “Luis” aber durchaus gute Chancen für seine Elf, gegen die Italiener bestehen zu können. “Sie sind defensiv sehr stark, aber sie haben ihre Probleme in der Offensive.” Spanien müsse jedenfalls wieder versuchen, das Spiel über viel Ballbesitz in die Hand zu nehmen. Und dann müssten eben die Spitzen Fernando Torres und David Silva auch gegen eine Top-Abwehr wie die italienische zuschlagen. “Dafür brauchen sie aber einen guten Tag.”

Dass Andrea Pirlo und Gennaro Gattuso für das Sonntag-Spiel gesperrt sind, nahm Aragones durchaus zufrieden zur Kenntnis. An der Schwere der Aufgabe ändere das aber ohnehin wenig: “Wir werden wieder leiden müssen, aber vielleicht haben wir einen guten Tag und können das Viertelfinale überstehen.”

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