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Araber retten was noch zu retten ist

Nach der mit Spannung erwarteten Irak-Rede von US-Präsident George W. Bush versuchen die arabischen Staaten, zu retten, was noch zu retten ist.

Araber wollen nach Bush-Rede retten, was noch zu retten ist
Strudel von Fanatismus und Niedergang der Wirtschaft im
arabischen Raum befürchtet

Denn obwohl der irakische Diktator Saddam Hussein bei den arabischen Staatschefs nicht beliebt ist, befürchten sie, dass ein US-Angriff auf den Irak die gesamte Region in einen Strudel von Chaos und Fanatismus stürzen könnte. Ganz zu schweigen vom Niedergang der Wirtschaft, den Beobachter in den arabischen Staaten erwarten, falls der Irak demnächst zum zweiten Dauerkonfliktherd neben Israel und den Palästinensergebieten werden sollte.

Ägyptens Präsident Hosni Mubarak rief die irakische Führung am Freitag auf, die von Bush in seiner Rede vor den Vereinten Nationen dargebotene „Chance“ für eine Entschärfung des Konflikts zu ergreifen, indem sie der sofortigen Rückkehr der Waffeninspekteure zustimmt. Fast scheint es, als seien die Araber erleichtert, dass die US-Regierung die Vereinten Nationen nicht von vornherein für unwichtig erklärt und eine Militärintervention auch für den Fall angekündigt hat, dass Bagdad die Kontrolleure wieder ins Land lassen sollte.

„Ich begrüße, dass die Vereinigten Staaten die Möglichkeit dafür geschaffen haben, dass die UNO und besonders der Sicherheitsrat die ihnen auferlegte zentrale Rolle bei der Beilegung des irakischen Problems spielen können“, sagte Mubarak in einem Interview mit der ägyptischen Nachrichtenagentur MENA. Dass die Rede des US-Präsidenten in Bagdad selbst nicht mit großem Enthusiasmus aufgenommen werden würde, war bereits im Vorfeld klar gewesen. Das staatliche irakische Fernsehen warnte in der Nacht zum Freitag, falls die Amerikaner Bagdad angreifen sollten, werde es ein „Feuer, das alles auslöscht“, geben.

Doch selbst die syrische Führung, die zu den entschlossensten Gegnern einer Militäroperation zum Sturz von Saddam Hussein zählt, äußerte am Freitag nur relativ moderate Kritik an den USA. „Die Rede zeigte Bushs Orientierungslosigkeit“, schrieb das Organ der regierenden Baath-Partei, „Al-Baath“. Das Blatt fuhr fort: „Er wiederholte dieselben Anschuldigungen, insbesondere, dass der Irak angeblich die Welt bedroht, wovon er selbst nicht wirklich überzeugt zu sein schien.“

Jordanien steckt als Nachbarland und Handelspartner des Irak und als enger Verbündeter der USA durch den wieder aufgeflammten Konflikt zwischen Bagdad und Washington ohnehin in der Zwickmühle. Aus der Hauptstadt Amman kam denn auch direkt nach der Bush-Rede die Nachricht, König Abdullah II., Mubarak, der syrische Präsident Bashar el Assad und der saudiarabische Kronprinz Abdullah Ibn Abdelaziz wollten sich in den kommenden Tagen auf dem Sinai versammeln, um gemeinsam nach einem Weg aus der Krise zu suchen. Beobachter in der Region erwarten, dass sie den Irak drängen werden, sofort alle UNO-Resolutionen umzusetzen, um einen US-Angriff zu vermeiden.

Ähnlich hatte sich auch der Generalsekretär der Arabischen Liga, Amr Mussa, nach der Bush-Rede in New York geäußert. Er hoffe sehr, dass sich ein Krieg vermeiden lasse, sagte Mussa. Nach seiner Einschätzung werde Bagdad die UN-Waffeninspektionen wieder zulassen.

Dass die arabischen Führer nun Druck auf den Irak ausüben wollen, damit Bagdad seine Verpflichtungen gegenüber den Vereinten Nationen endlich einhält, liegt aber nicht daran, dass sie sich selbst durch das Regime von Präsident Saddam Hussein und sein Waffenarsenal bedroht fühlen. Ihnen geht es nur darum, die regionale Stabilität nicht zu gefährden. Denn viele von ihnen denken auch nicht anders als der „Araber auf der Straße“, der bei jedem Gespräch über die möglicherweise im Irak vorhandenen Massenvernichtungswaffen fragt, weshalb man denn Bagdad auf Grund eines Verdachts angreifen solle, während es auf der anderen Seite bereits bewiesen sei, dass Israel die Atombombe besitze. Von Israel fühlten sie sich persönlich viel mehr bedroht.

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