APA-Faktencheck: Telegram-Gruppe verbreitet Falschzitat von Vizekanzler Babler

Vizekanzler Andreas Babler (SPÖ) wird ein im Internet verbreitetes Zitat zugeschrieben, das den Österreichern die Verantwortung für das Defizit zuschiebt (3,4). Mit dieser angeblichen Äußerung beleidigt Babler "die Österreicher" und fordert sie auf, mehr zu arbeiten.
Falschzitat von Vizekanzler Babler zu Budgetdefizit im Umlauf
Einschätzung: Es handelt sich um ein Falschzitat, das frei erfunden wurde. Es gibt keine Hinweise darauf, dass Babler das jemals gesagt hat. Auf Anfrage von APA-Faktencheck dementierte die Pressesprecherin des Vizekanzlers die ihm in den Mund gelegte Aussage.
Überprüfung: Das kursierende Zitat lässt sich durch keine öffentlich zugängliche Rede oder Veröffentlichung belegen. Der Vizekanzler und Parteivorsitzende der SPÖ hat sich bisher wiederholt für eine Arbeitszeitverkürzung ausgesprochen, was dem Inhalt des Falschzitats widerspricht. Seine Pressesprecherin dementierte gegenüber der APA das Zitat als Ganzes. Sie könne ausschließen, "dass diese Worte jemals gefallen sind". Auch die Websuche nach dem Zitat sowohl bei Google als auch Bing liefert keinerlei Ergebnisse außerhalb von Facebook-Gruppen. Es ist auszuschließen, dass Babler diese Worte in einem öffentlichen Kontext ausgesprochen hat. Genau das wird allerdings im Posting behauptet. Die darin erwähnte SPÖ-Veranstaltung hätte dem Veröffentlichungsdatum und dem vorgegaukelten Nachrichtencharakter des Postings zufolge am 19. Mai 2025 stattfinden müssen. An diesem Tag gab es laut Bablers Presseabteilung nur einen medienöffentlichen Termin für den Vizekanzler: Den Empfang des ESC-Siegers Johannes Pietsch im Bundeskanzleramt, der auch live gestreamt wurde und weiterhin ungeschnitten abrufbar ist.
Falschaussagen auch zu Arbeitszeit und Produktivität
Weitere Behauptungen aus dem Falschzitat betreffen die heimische Wirtschaftsleistung und die durchschnittliche Wochenarbeitszeit. Beide Kennzahlen würden Österreich demnach als Schlusslicht im EU-Vergleich ausweisen. Ein Vergleich der durchschnittlichen wöchentlichen Arbeitszeit zeigt, dass die Niederlande mit 33,1 die niedrigste Stundenanzahl aufweisen. Österreich folgt laut einer Erhebung des statistischen Amts der Europäischen Union hinter Dänemark und Deutschland mit 35,8 Wochenstunden. Die heimische Produktivität hinkt im EU-Vergleich tatsächlich hinterher. Österreich ist laut aktueller Wirtschaftsprognose sogar das einzige der 27 EU-Länder, dem ein Wirtschaftsrückgang prognostiziert wird. Laut einer Erhebung aus dem Jahr 2024 lag Österreichs Bruttoinlandsprodukt (BIP) pro Kopf im EU-Vergleich nicht an letzter Stelle.
Bundeskanzler Stocker hält mehr Arbeit für nötig
Bundeskanzler Christian Stocker (ÖVP) sprach sich am Landesparteitag der Vorarlberger Volkspartei im Mai für eine Steigerung der Produktivität in Österreich aus. In seiner Rede sprach Stocker unter anderem über die wirtschaftlichen Schwierigkeiten Österreichs und Pläne der Regierung, dem entgegenzuwirken. Stocker erklärte, es brauche einen Wirtschaftsaufschwung, was auch bedeuten würde, dass die Menschen in Österreich wieder mehr arbeiten müssten, um den Wohlstand im Land zu sichern. Jedoch fiel auch von ihm kein Zitat, das der beleidigenden Tonalität und dem genauen Wortlaut des kursierenden Zitats entspricht.
Falschzitat von Vizekanzler Babler: Telegram-Gruppe als Quelle
Das Babler-Falschzitat lässt sich auf eine Telegram-Gruppe zurückführen, die laut der Deutschen Presse Agentur (dpa) bereits dafür bekannt ist, regelmäßig falsche Sager von bekannten Politikern zu verbreiten. Bisher handelte es sich hierbei primär um angebliche Zitate von deutschen Politikern, die bereits in mehreren Faktenchecks widerlegt worden sind.
(APA/Red)