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Anwälte gegen "Alibi-Reform" bei Bundesstaatsanwaltschaft

Anwälte-Präsident will Gebührenbremse
Anwälte-Präsident will Gebührenbremse ©APA/ÖRAK
DIe Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte pochen bei der geplanten Einführung einer Bundesstaatsanwaltschaft auf Mitsprache und warnen vor einer "Alibi-Reform". Eine echte Reform bedürfe dagegen auch einer echten Debatte über alle Auswirkungen - nicht nur den Austausch des Weisungsrates durch eine neue Behörde ohne sonstige Änderungen, so der Präsident des Rechtsanwaltskammertags, Armenak Utudjian, bei der Eröffnung des Anwaltstags am Freitag in Innsbruck.

Es möge viele Details geben, die bei der Erarbeitung der Pläne zur Schaffung der Bundesstaatsanwaltschaft zu kritisieren seien, meinte Utudjian. "Doch die viel drängendere Frage ist eine Grundsätzliche: Ist die Politik wirklich zu einer materiellen Reform bereit, die zu substanziellen Verbesserungen und Beschleunigungen der Weisungserledigungen führt?" Gleichzeitig vermisste er eine Einbeziehung der Anwälte in die Erarbeitung des Gesetzesvorschlags. "In zentralen Fragen - wie bei der geplanten Einführung der Bundesstaatsanwaltschaft oder den neuen Überwachungsinstrumenten - wird ein 'Dialog mit Stakeholdern' beschworen, aber meistens nicht geführt."

Für monokratische Spitze

In einem Positionspapier treten die Anwälte - anders als von der Regierung geplant - für eine monokratische Spitze der Bundesstaatsanwaltschaft ein. Gewählt werden sollen Bundesstaatsanwalt sowie Stellvertreter durch Zweidrittelmehrheit im Nationalrat. Die Auswahl soll ähnlich wie bei Verfassungsrichtern mittels parlamentarischem Hearing durch ein Komitee des Nationalrats erfolgen, das durch die Präsidenten der Höchstgerichte bzw. der Anwälte und der Notare sowie den Generalprokurator ergänzt wird. Eine wie im Regierungsvorschlag vorgesehene Nominierung durch eine Expertenkommission lehnen die Anwälte ab.

Als Voraussetzung für die Ausübung der Funktion schwebt den Anwälten eine zehnjährige Tätigkeit als Richter, Staatsanwalt, Rechtsanwalt, Notar oder Universitätsprofessor vor inklusive Unvereinbarkeit mit politischen Funktionen und Cooling-Off-Phase ähnlich wie bei der Bestellung des Rechnungshof-Chefs. Eine Kontrolle der laufenden Tätigkeit der Behörde durch den Nationalrat wird abgelehnt - erst rechtskräftig abgeschlossene Verfahren dürften Gegenstand von Anfragen sein. Deren Beantwortung müsse durch den Bundesstaatsanwalt erfolgen, der auch jährlich einen Weisungsbericht zu veröffentlichen hätte.

Für Gebührenbremse

Angesichts der zuletzt stark erhöhten Gerichtsgebühren forderte Utudjian eine "Gebührenbremse" bzw. eine Deckelung. Gleichzeitig seien trotz des Einnahmen-Plus keine zusätzlichen Stellen in der Justiz geschaffen worden, obwohl es dafür einen dringenden Bedarf gebe. "So kann es nicht weitergehen. Es braucht ein Umdenken, ein anderes Selbstverständnis. Justiz ist keine Cash Cow und darf es niemals werden." All das erfolge zu Lasten der Bevölkerung, die sich den Zugang zum Recht in weiten Teilen nicht mehr leisten könne. "Ich warne davor, dass sich die Justiz mit dieser Strategie nach und nach selbst abschafft."

(APA)

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