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Ankündigung im Internet

"Schaut diesen Sonntag TV, ich werde ein Star sein." Maxime Bruneruie setzte diese Mitteilung am Samstagnachmittag auf die Webseite der britischen Neonazi-Gruppe C 18.

Einen Tag später versuchte er, den französischen Staatspräsidenten Jacques Chirac mit einem Kleinkalibergewehr zu erschießen.

Die Mitteilung könnte nun gegen ihn verwendet werden, wenn die Psychiater zu dem Ergebnis kommen, dass er mit Vorbedacht handelte und dass er zur Verantwortung gezogen werden kann. Die Polizei neigte anfänglich der Meinung zu, Brunerie sei ein Wirrkopf.

Brunerie verbrachte die Nacht zum Dienstag unter Polizeiaufsicht in einer psychiatrischen Klinik außerhalb von Paris. Derweil begannen strafrechtliche Ermittlungen wegen versuchten Mordes und die Suche nach dem Motiv. Staatsanwalt Francois Cordier sagte am Montagabend, Brunerie habe nach der Tat Selbstmord begehen wollen, um ganz sicher zu sein, dass über ihn geredet werde. Chirac traf er nicht. Er befand sich nach Polizeiangaben nie in Reichweite des Sechs-Millimeter-Gewehres, das mit fünf Schuss geladen war.

Einer seiner Freunde hat berichtet, Brunerie habe sich angezogen gefühlt von weißen Rassisten in Nordamerika und von der C 18. Die Polizei hat ermittelt, dass er das Gewehr am 6. Juli kaufte und dann zu Schießübungen nach Burgund fuhr. Seine Eltern, bei denen er lebte, kamen erst am Montagabend aus dem Urlaub heim. Sie sollen demnächst verhört werden. Der Pariser Psychiater Samuel Lepastier glaubt nicht, dass Brunerie die Prozessfähigkeit abgesprochen werden wird. „Der Möchtegern-Mörder bereitete seine Tat vor, er kündigte sie an. Das ist ein Akt der Logik, der verrückten Logik, aber immerhin der Logik“, sagte er im Fernsehen.

Brunerie benutzte für die Mitteilung auf der Internetseite der C 18 seinen Vornamen Maxime. C 18 steht für Combat 18. Combat heißt Kampf, und die Ziffern 1 und 8 benennen den 1. und 8. Buchstaben des Alphabetes: A und H, die Abkürzung für Adolf Hitler. Die Grußformel „Tod den zog, 88“ ist gleichfalls eine gängige Kurzformel der Neonazis: zog ist die Abkürzung für Zionist occupied government, zionistisch besetzte Regierung, und 88 steht für HH, Heil Hitler.

Die Webseite der C 18 mit ihren Hakenkreuzen und dem Wahlspruch „Blut und Ehre“ enthielt am Dienstag mehrere Berichte über den Mordanschlag und Grußbotschaften an Brunerie. Die C-18-Führung nannte die Tat eine Erinnerung daran, dass die Gruppe und ihre Verbündeten bereit und in der Lage seien, überall in Europa zuzuschlagen.

Die französische Unite Radicale, eine rechtsradikale Sammlungsbewegung, meldete sich ebenfalls. Es stehe ihr nicht zu, ein Urteil über Bruneries Tat abzugeben, aber er müsse wissen, „dass Kameradschaft für uns kein leeres Wort ist“. Polizei und Staatsanwaltschaft glauben zwar, dass Brunerie zur rechtsradikalen Szene gehörte, und sie wissen, dass er bei den Pariser Kommunalwahlen im vergangenen Jahr für die Fremden feindliche Nationale Republikanische Bewegung kandidierte, doch halten sie ihn für einen Einzeltäter.

Der Politologe Gilles Ivaldi aus Grenoble sagte dem Magazin „Nouvel Observateur“, Hintergrund der Tat könnte die Enttäuschung über die Niederlage des Vorsitzenden der Nationalen Front, Jean-Marie Le Pen, bei den Präsidentenwahlen gegen Chirac im Mai gewesen sein. Es hatte nach dem ersten Wahlgang noch gut für ihn ausgesehen. Doch die große Revolution habe nicht stattgefunden, sagte Ivaldi. Die Enttäuschung darüber könnte die radikale Rechte veranlassen, zur Gewalt zu greifen.

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