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Anklage gegen SS-Mann nach Wiener Uni-Recherchen

Recherchen eines Studenten des Wiener Politikwissenschaftlers Walter Manoschek haben zur Anklage eines mutmaßlichen NS-Kriegsverbrechers in Duisburg geführt. Wie der Professor bestätigte, seien im Rahmen eines Forschungsprojekts im Burgenland zwei Zeugen ausfindig gemacht worden, die bestätigt hätten, dass der heute 90-jährige SS-Mann 1945 einen "nicht mehr marschfähigen Juden" erschossen habe.

Beim Forschungsprojekt, das vor zwei Jahren durchgeführt wurde, ging es eigentlich um das Massaker an 200 Juden im burgenländischen Rechnitz im März 1945. Manoscheks Student Andreas Forster recherchierte damals auch in der Nachbargemeinde Deutsch-Schützen, wo damals bei einem weiteren Massaker 58 jüdische Zwangsarbeiter umgebracht worden seien. Forster sei beim Studium von Gerichtsakten auf den Namen des 90-Jährigen gestoßen.

Im Zuge der Recherchen seien auch zwei Augenzeugen ausfindig gemacht worden. Die Angehörigen der Hitlerjugend hätten bezeugt, dass der SS-Mann beim Weitermarsch einen jüdischen Zwangsarbeiter erschossen habe, so Manoschek. Ausfindig gemacht wurde Adolf S. dann “mit einer simplen elektronischen Telefonbuchrecherche.”

Der Universitätsprofessor führte dann auch ein persönliches Gespräch mit dem Mann. Er habe angegeben, sich an nichts erinnern zu können. Manoschek erstattete daraufhin wegen “dringenden Tatverdachts” eine Anzeige bei der deutschen Staatsanwaltschaft, die gegen den Mann Anklage erhob.

Die Entdeckung der Wiener Wissenschafter wirft ein Schlaglicht auf Versäumnisse der österreichischen Justiz bei der Aufarbeitung von Nazi-Kriegsverbrechen. Im Fall Deutsch-Schützen gab es nämlich zwei Gerichtsprozesse (1946 und 1956). Adolf S. sei jeweils zur Fahndung ausgeschrieben gewesen. Dass man ihn nicht finden konnte, scheint unverständlich. Schließlich lebte Adolf S. seit 1946/47 durchgehend an der selben Adresse und veränderte auch seinen Namen nicht.

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