Angeblicher Wikileaks-Maulwurf Bradley Manning vor US-Militärgericht

Manning, der als Geheimdienst-Analyst der US-Armee im Irak diente, gibt sich kaum Mühe, seine Taten zu verbergen. “Wenn Du freien Zugang zu Geheimdokumenten hast”, zitiert ihn ein Unterstützer-Netzwerk, “und Du unglaubliche, schreckliche Dinge siehst… Dinge, die an die Öffentlichkeit gehören… Was würdest Du tun?”
Das ist die klassische Haltung des Whistleblowers: Machenschaften der Herrschenden für jeden transparent machen. Manning: “Ich möchte, dass die Menschen die Wahrheit sehen.”
Manning wegen “Unterstützung für den Feind” angeklagt
Das Pentagon bewertet die Angelegenheit naturgemäß anders. Von Anfang an brandmarkten die Militärs Manning als Saboteur, der mit der Weitergabe von Geheimdokumenten an Wikileaks dem Feind in die Hände gespielt und das Leben seiner Kameraden gefährdet habe. Der schwerste Anklagepunkt lautet “Unterstützung für den Feind” – darauf steht Todesstrafe. Die Staatsanwaltschaft hat aber laut US-Medien bereits deutlich gemacht, dass sie die nicht beantragen wolle.
Monatelanger Prozess möglich
Ob es tatsächlich zum Prozess kommt, muss jetzt bei der Anhörung vor dem Militärgericht in Fort Meade in der Nähe Washingtons geklärt werden. Die Anhörung, bei der die Staatsanwaltschaft ihre Beweise auf den Tisch legen muss, dauert mehrere Tage, ein möglicher Prozess könnte sich über Monate hinziehen.
Schon als Jugendlicher für Computer interesseiert
Wer ist der angebliche Maulwurf Bradley Manning? Schon in seiner Jugend in Oklahoma habe er sich für Computer interessiert, schreibt die “Washington Post”. Später habe er Kontakte in die Hackerszene unterhalten. Als er 2009 in den Irak kam, soll er psychische Probleme entwickelt haben. Er habe einen Zusammenbruch erlitten, auch seine Homosexualität habe ihm Probleme bereitet. Immerhin: Die US-Behörden ließen unlängst Mannings Geisteszustand überprüfen mit dem Fazit, er sei fit für einen Prozess.
“Bradass87”
Im Irak, als er Zugang zum geheimen Regierungsnetzwerk SIPRNet hatte, sei Manning erneut in der Hackerszene unterwegs gewesen, unter dem Namen “Bradass87”. Spektakulär war bereits Mannings mutmaßlicher erster Coup. Das Video, das er an die Öffentlichkeit geschmuggelt haben soll, entlarvt brutales Vorgehen von US-Soldaten im Irak: Aus einem Kampfhubschrauber eröffnen sie das Feuer auf Zivilisten – elf Menschen kommen ums Leben, darunter zwei Mitarbeiter der Nachrichtenagentur Reuters.
Manning hat viele Unterstützer
Schon vor Beginn des Verfahrens haben Unterstützer für Manning mobilisiert. Die deutsche Schriftstellervereinigung PEN etwa dankte ihm demonstrativ “für den Verrat unwürdiger Geheimnisse”. Der kleine Gefreite habe geholfen, “den Krieg im Irak und in Afghanistan zu beurteilen”. Auch Geheimnisverrat könnte dem Frieden dienen.
Manning angeblich im Gefängnis misshandelt
“Keine Folter, keine Todesstrafe für den beschuldigten Whistleblower”, fordert etwa das “Bradley Manning Support Network”. Manning hatte sich über Misshandlungen im Gefängnis geklagt. Zeitweise sei er gezwungen worden, jeden Abend nackt vor seinen Wärtern strammzustehen. Amnesty International sprach von “unmenschlicher Behandlung”. Doch das Pentagon winkte ab.
Spektakulärer Prozess erwartet
Ein Prozess – wenn es dazu kommt – dürfte spektakulär werden – und ein Meilenstein für alle Whistleblower. Zwar hält sich Mannings Anwalt David Coombs öffentlich zurück, doch seine Unterstützer haben bereits die Strategie der Verteidigung ins Netz gestellt. Tenor: Die Behauptung der US-Armee, dass eigene Soldaten durch die Enthüllungen in Gefahr geraten seien, sei falsch. Selbst hohe Militärs hätten das intern eingeräumt.
(APA)