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Angeblich als 8-Jährige in Wien von Onkel missbraucht: Prozess nach 19 Jahren

Der Angeklagte stritt alle Vorwürfe wehement ab.
Der Angeklagte stritt alle Vorwürfe wehement ab. ©APA/HANS PUNZ
Am Wiener Landesgericht wurde am Mittwoch ein Fall verhandelt, da eine 27-Jährige ihren Onkel des sexuellen Missbrauchs angeklagt hat. Der Vorfall habe sich erstmals im Fasching 1999 ereignet. Das Mädchen war damals acht Jahre alt. 2002 soll es zu einem weiteren Übergriff gekommen sein.

Der 48-jährige technische Angestellte stellte die Vorwürfe am Mittwoch am Wiener Landesgericht für Strafsachen vehement in Abrede: “Ich habe sicher hundertprozentig niemals sexuelle Handlungen bei irgendwelchen Kindern gesetzt. Niemals.” Es sei durchaus denkbar, dass der Nichte in ihrer Kindheit Schreckliches widerfahren sei, räumte Verteidiger Roland Friis ein: “Es gibt aber nicht den Hauch einer Andeutung, dass es sich beim Täter um ein Familienmitglied handeln könnte.”

Sexistischer Onkel mit rauem Verhalten

Fest steht allerdings, dass der Angeklagte seinen jüngeren Verwandten gegenüber ein Verhalten an den Tag zu legen pflegt, das grundsätzlich hinterfragenswert erscheint. Bis zuletzt sprach er auf Familientreffen Mädchen im Teenageralter auf ihre körperliche Entwicklung an, machte dabei zotige und anzügliche Witze, die außer ihm selbst wohl keiner lustig fand. Eine Nichte berichtete im Rahmen des Ermittlungsverfahrens, der Mann – selbst Vater von zwei Kindern – habe noch im Frühjahr 2017 vor versammelter Familie auf ihre Kosten ebenso unpassende wie sexistische Bemerkungen fallen gelassen.

Nichte öfters “gemustert”

“Meine Ausdrucksweise ist sicher umgangssprachlich. Da habe ich sicher nie Respekt gezeigt. Da habe ich mir nie viel gedacht”, räumte der 48-Jährige ein. Schuld daran sei, dass er sich von frühester Jugend an als Fußballer betätigte. Das habe abgefärbt: “Ich habe die Sprache ein bisschen angenommen.” Auf näheres Befragen gab der Angeklagte auch zu, er hätte seine Nichten bei Begegnungen des öfteren “gemustert” und dabei berührt. “Sexuell” sei das aber nie gewesen, “Hintergedanken” hätte er nie gehabt, versicherte er dem Schöffensenat (Vorsitz: Christoph Bauer).

Posttraumatische Belastungsstörung brach 2017 aus

Die 27-Jährige hätte das in ihrer Kindheit Erlebte über Jahre hinweg verdrängt, führte ihre Rechtsvertreterin aus, die sich als Privatbeteiligte dem Strafverfahren angeschlossen hatte. Als die Frau 2017 beruflich mit traumatisierten Frauen zu tun bekam, sei das Ganze aufgebrochen. Sie begab sich in psychotherapeutische Behandlung und erstattete gegen ihren Onkel Anzeige. Seit Februar 2017 ist die Nichte des Mannes arbeitsunfähig. Einem psychiatrischen Gutachten zufolge leidet sie an einer posttraumatischen Belastungsstörung und einer Persönlichkeitsstörung.

Auf die Frage, wie er sich die Anzeige erkläre, verwies der Angeklagte auf seine politische Einstellung, die der 27-Jährigen nicht gepasst hätte, und seinen rüden Umgangston: “Sie hatte fürchterlichen Stress in der Arbeit. Wenn ich mit meiner penetranten Art noch verbal draufhaue, wird sie sicher verletzt gewesen sein.”

Prozess wurde vertagt

Der Prozess ist auf Mitte Juli vertagt worden. Nachdem sich der Schöffensenat eingehend mit der DVD mit der kontradiktorischen Befragung der inzwischen 27-Jährigen beschäftigt hatte, beschloss das Gericht, die Frau neuerlich zu laden.

Wie die Rechtsvertreterin der Nichte des Angeklagten bereits zu Beginn der Verhandlung erklärt hatte, steht diese dem Gericht – was sie nicht müsste – grundsätzlich für weitere Fragen zur Verfügung. Sie soll daher noch als Zeugin vernommen werden. Auch zwei weitere Personen aus dem engeren Umfeld der Nichte will der Senat noch anhören.

(APA/red)

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