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Anfang 80

Liebe jenseits gesellschaftlich goutierter Altersgrenzen, abseits einer Hoffnung auf lange Dauer: Mit "Anfang 80" kommt nun auch aus Österreich eine Variation des Themas der reifen und doch jungen Liebe, wie es 2008 Andreas Dresen mit "Wolke 9" vorexerziert hatte. Bruno (Karl Merkatz) und Rosa (Christine Ostermayer) entdecken dabei in der letzten Lebensphase Erotik und Liebe neu, gegen jedwede Widerstände. Ab 30. Dezember im Kino. Hier geht's zum Trailer

Als Bruno Rosa zufällig auf der Straße begegnet, ist diese gerade aus ihrer Wohnung geworfen worden, welche die Nichte während eines Krankenhausaufenthaltes gekündigt hatte. Die beiden 80-Jährigen nähern sich vorsichtig an, ungeachtet der wenig berauschenden Voraussetzungen, dass Rosa Krebs und nur mehr ein halbes Jahr zu leben hat und Bruno mit Herta (als konservative Ehefrau leider fehlbesetzt: Erni Mangold) verheiratet ist. Das Paar beschließt nach kurzer Affäre, aus den eingefahrenen Lebensstrukturen auszubrechen, Pflegeheime und die alte Familie hinter sich zu lassen und zusammenzuziehen. Sie müssen sich dabei nicht nur gegen das direkte Umfeld, sondern auch psychiatrische Gutachten zur Wehr setzen, die ihnen Unmündigkeit bescheinigen.

In der neuen Wohnung muss sich die junge Liebe der alten Menschen dann auch in Rosas Todeskampf bewehren.Die Drama mit den bisweilen ironischen Momenten des Lebens wurde von den beiden Linzern Sabine Hiebler und Gerhard Ertl inszeniert, die sowohl für Regie als auch Drehbuch verantwortlich zeichneten. Ihnen gelingt über weite Strecken eine schnörkellose Inszenierung der Körper und Gesichter. Vieles wird nicht angesprochen, hebt sich mithin wohltuend von sprachlastiger Fernsehfilmästhetik ab.

Wolfgang Thalers Kamera spielt dabei wiederholt einen der großen Trümpfe der Geschichte aus – das Gesicht von Christine Ostermayer, die sämtliche Farbnuancen zwischen Strahlen und stiller Verzweiflung sichtbar machen kann. Für Karl Merkatz hingegen stellt die Rolle des höflich Zurückhaltenden, der für den Moment des Glücks aus seiner Routine ausbricht, nicht unbedingt eine Paraderolle dar.

Dabei lebt “Anfang 80” über weite Strecken von seiner bisweilen brutalen Ehrlichkeit, die auch die mitunter brutale Erbärmlichkeit menschlichen Sterbens miteinschließt. Ebenso bleibt die Kamera bei Sexszenen auf ihren Protagonisten, obgleich diese ziemlicher ausfallen als bei “Wolke 9”. Hier muss sich kein lange eingespieltes Paar, sondern eine junge Liebe mit der Vergänglichkeit und dem Tod auseinandersetzen. Man lacht und kifft gemeinsam. Zugleich droht die mühsam erkämpfte Unabhängigkeit des Paares in der neuen Wohnung an den Mühen des Alltags zu zerbrechen, wenn Bruno mit der Pflege von Rosa und der Wohnung nicht mehr zurande kommt.

Man werde für die Umwelt unsichtbar im Alter, konstatiert Rosa an einer Stelle. Insofern gibt “Anfang 80” einer immer noch wenig beleuchteten Gruppe ein Gesicht. Einzig der moralische Impetus des guten Anliegens von Hiebler und Ertl steht einem gänzlich runden Kammerstück streckenweise im Wege: Mit Pflegetristesse, Sterben, Familienkonflikten, Sex im Alter sind in der ersten Hälfte des Films allzu viele Themen verpackt, die dem Fokus auf die beiden Charaktere teils im Wege stehen. Erst im begrenzten Schauplatz der gemeinsamen Wohnung gewinnt “Anfang 80” an Kammerspielqualität.

(apa)

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