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Virologe Stephan Aberle bei der Laboruntersuchung zur Abklärung des Coronavirus
Virologe Stephan Aberle bei der Laboruntersuchung zur Abklärung des Coronavirus ©APA-Hans-Punz.jpg

An diesen Heilmitteln für das Coronavirus arbeitet die Welt

Detektivarbeit im Wiener Virenlabor: So testet das Zentrum für Virologie Verdachtsfälle in Österreich. Einblicke in das Coronavirus-Testverfahren.

Wissenschafter weltweit arbeiten mit Hochdruck an einem Impfstoff. In China stieg die Zahl der Toten und Neuinfektionen zuletzt sprunghaft an: Binnen 24 Stunden starben 38 weitere Menschen und damit bisher 170. Im selben Zeitraum bestätigten die chinesischen Behörden 1737 neue Fälle. Damit gibt es inzwischen 7711 Erkrankte. Außerhalb Chinas sind bisher 15 Länder betroffen, darunter die USA, Frankreich und Singapur. In Deutschland gibt es vier bestätigte Fälle. In Österreich gibt es mehrere Verdachtsfälle.

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Bisher seien 99 Prozent aller bislang erfassten Fälle in der Volksrepublik aufgetreten, sagte der Chef der WHO-Notfalldienste, Michael Ryan. Zwei Prozent der Infektionen verliefen tödlich, doch handele es sich um vorläufige Zahlen. Zum Vergleich: Bei der Sars-Pandemie in den Jahren 2002 und 2003 starben rund zehn Prozent der Erkrankten. Der damalige Ausbruch wurde ebenfalls durch ein Virus der Corona-Familie verursacht.

HIV-Medikamente gegen das Virus

Heilmittel existiert noch keines gegen das neuartige Coronavirus. Erst Erfolge stellen sich aber langsam ein. Russland und China arbeiten beispielsweise zusammen an einem Impfstoff gegen das Virus. "Russische und chinesische Wissenschafter haben mit der Arbeit an einem Impfstoff begonnen", teilte das russische Konsulat in Guangzhou mit. Peking habe das Erbgut des Virus an Russland übergeben.

In der südchinesischen Stadt Shenzhen haben darüber hinaus klinische Studien zum möglichen Einsatz von HIV-Medikamenten gegen das Virus begonnen.

Chinesische Ärzte vermeldeten schon zu Beginn der Woche einen Durchbruch im Kampf gegen das Corona-Virus. Demnach wurden die Symptome erfolgreich behandelt und das Virus nicht mehr nachgewiesen.

Australien gelingt Reproduktion

Wissenschafter in Australien erklärten unterdessen, ihnen sei die Reproduktion des neuen Coronavirus im Labor gelungen. Der Durchbruch könnte dazu beitragen, die weltweite Ausbreitung der Krankheit zu bekämpfen.

"Mit dem echten Virus haben wir jetzt die Möglichkeit, alle Testmethoden zu validieren und zu verifizieren und ihre Empfindlichkeiten und Besonderheiten zu vergleichen", sagte Julian Druce vom Peter Doherty Institut für Infektion und Immunität in Melbourne. Die gezüchtete Virusprobe könne so bei der Entwicklung eines Impfstoffs helfen.

Auf Grundlage der ersten erhältlichen Daten gehen Wissenschafter in Nordamerika davon aus, dass mindestens mehrere zehntausend Menschen von dem Virus betroffen sein werden und die Epidemie noch mindestens mehrere Monate andauern wird. "Im besten Fall" werde die Epidemie "über den Frühling bis in den Sommer andauern und dann abebben", sagte David Fisman von der Universität von Toronto der Nachrichtenagentur AFP. 

"Das ist nichts, was nächste Woche vorbei ist oder nächsten Monat", erklärte auch Alessandro Vespignani von der Northeastern University in Boston. Er gehört einer Wissenschaftergruppe an, die online neue Erkenntnisse zu dem Virus zusammenträgt.

"Die Globalisierung ist nicht nur Ursache, sie ist auch das Heilmittel für diese Krise", schreibt die belgische Zeitung "De Standaard". "Es dürfte das erste Mal sein, dass in einem so frühen Stadium so große Ressourcen eingesetzt werden, um eine Pandemie zu verhindern. Die nächsten Stunden und Tage werden zeigen müssen, ob die Welt in der Lage ist, die Bedrohung im Keim zu ersticken. Wenn diese Herausforderung etwas Gutes hat, dann die Einsicht, dass wir uns alle diesen einen Planeten teilen."

Deutsche Firma soll Impfstoff gegen das Coronavirus finden

Die Tübinger Biotechfirma CureVac soll eine führende Rolle bei der Suche nach einem Impfstoff gegen das Coronavirus übernehmen. Dafür bekommt das Unternehmen zusätzliche Gelder. Über die internationale Impfstoffinitiative CEPI (Coalition for Epidemic Preparedness Innovations), an der auch Deutschland beteiligt ist, werde CureVac 8,3 Millionen US-Dollar (rund 7,5 Millionen Euro) "für die beschleunigte Impfstoffentwicklung und -herstellung sowie klinische Studien" erhalten, hieß es am Freitag in einer gemeinsamen Mitteilung beider Seiten und des Bundesforschungsministeriums in Berlin.

"Wir entwickeln gerade einen Impfstoff, der nach erfolgreichen präklinischen Studien rasch in klinischen Studien am Menschen getestet werden könnte", sagte CureVac-Vorstand Mariola Fotin-Mleczek am Freitag. Innerhalb von 16 Wochen soll das gelingen. "Das Corona-Virus beunruhigt in diesen Tagen viele Menschen. Die Entwicklung eines Impfstoffes ist ein äußerst wichtiger Beitrag, die Erkrankung einzudämmen", sagte Bundesforschungsministerin Anja Karliczek (CDU).

Forschungsinstitute rund um den Globus suchen mit Hochdruck nach einem Impfstoff gegen das neue Coronavirus. Auch in Deutschland arbeiten mehrere Wissenschaftler daran, etwa am Deutschen Zentrum für Infektionsforschung (DZIF). Es dauere mindestens ein Jahr bis klar ist, ob ein Mittel wirkt und sicher ist, schätzt Stephan Becker, Direktor des Instituts für Virologie an der Philipps Universität Marburg und Koordinator des Forschungsbereichs Neu auftretende Infektionskrankheiten am DZIF.

Detektivarbeit im Wiener Virenlabor

Die bisher in Österreich aufgetauchten Verdachtsfälle des neuen Coronavirus sind in den Labors des Zentrums für Virologie an der Medizinischen Universität Wien in Wien-Alsergrund untersucht worden. Virologe Stephan Aberle gab im APA-Gespräch einen Einblick in das Testverfahren.

Um festzustellen, ob das Coronavirus (2019-nCoV) in einer Probe vorhanden ist, wird in einem ersten Schritt das möglicherweise infektiöse Material, etwa tiefes Rachensekret, das mittels Abstrich entnommen worden ist, in eine Lösung (sog. Lysis-Puffer) eingebracht. Diese kann Proteinhüllen aufbrechen und sorgt dafür, dass das Material nicht mehr infektiös ist. Bei diesem Schritt wird laut Aberle Kleidung getragen, die dem Labormitarbeiter einen gewissen Schutz bietet. Diese ist danach aber nicht mehr nötig. Der Vorgang dauert etwa eine halbe Stunde und passiert in einer Sicherheits-Werkbank.

Polymerase-Kettenreaktion in Echtzeit

Das Röhrchen mit dem Material und der Lösung kommt daraufhin in ein anderes Labor, wo eine RNA(Ribonukleinsäure)-Extraktion durchgeführt wird. Die RNA wird maschinell herausgelöst. "Wir schauen, ob RNA drin ist, diese befindet sich dann in der Flüssigkeit", erklärt Aberle. Der dritte Schritt des Testverfahrens umfasst eine "Real-Time-Polymerase-Kettenreaktion" (PCR). Das Virus-Genom wird vervielfältigt, und in einem vierten Schritt am Computer analysiert. "Wenn sich das Material ansammelt, entsteht ein Lichtsignal, dessen Stärke am Computer analysiert wird", sagte der Virologe. Am Bildschirm wird dies als Kurve angezeigt - ein Anstieg dieser Kurve zeigt, dass ein Virus vorhanden ist. Das Verfahren ist für andere festzustellende Viren gleich, bei Influenza sei das Sicherheitsniveau im Labor allerdings niedriger.

Der gesamte Testvorgang dauert mehrere Stunden, ein bis zwei Personen aus dem Labor-Team sind beteiligt. Der Transfer der Probe - die fachgerecht abgenommen und transportiert werden muss - ins Labor dauert innerhalb von Wien in etwa ein bis zwei Stunden. Aus anderen Teilen Österreichs kann der Transport auch vier bis fünf Stunden dauern. Proben, die im östlichen Teil Österreichs genommen wurden, werden praktisch immer an das Zentrum für Virologie der MedUni geschickt, sagte Aberle.

Der Befund wird nach erfolgter Analyse an der Einsender der Probe geschickt, etwa an Ärzte bzw. Krankenhäuser. "Wenn es bei einer meldepflichtigen Krankheit wie jetzt beim Coronavirus einen positiven Befund gibt, muss das Ergebnis auch in das Labormeldesystem eingetragen werden", so Aberle. Auf dieses hätten nur ausgewählte Personen Zugang, darunter die Landessanitätsbehörden. Da die Daten zum Virus rasch veröffentlicht worden sind, konnten weltweit Testsysteme auf 2019-nCoV etabliert werden.

Kein großer Ausbruch in Europa erwartet

Der Virologe Stephan Aberle erwartet keinen großen Ausbruch von 2019-nCoV in europäischen Städten. Weil es mittlerweile Hinweise auf eher milde Verläufe bei vielen Patienten gibt, könne die Krankheit als weniger schwer eingeschätzt werden.

In Österreich gab es bisher eine überschaubare Zahl an Coronavirus-Verdachtsfällen, die sich alle nicht bestätigt haben. Der aktuelle Ist-Stand wird täglich auf der Website des Sozialministeriums publiziert.

Coronavirus Hotline: Expertinnen und Experten der AGES beantworten Fragen rund um das Corona-Virus.

Telefon: 0800 555 621 – Montag bis Freitag von 09:00 bis 17:00 Uhr

Mathematiker erstellt Szenarien, wie sich das Virus in Österreich ausbreiten könnte

(APA) (Red.)

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