Der Staatsanwalt, der mit dem Bearbeiten von Strafsachen erheblich in Rückstand geraten war, soll seiner Behördenleitung die Erledigung überfälliger Akten vorgetäuscht haben, indem er inhaltlich unrichtige Eintragungen ins Register vornahm und den Kanzleimitarbeiter anwies, im Register Verfahrensschritte zu vermerken, die in Wahrheit noch “offen” waren.
Staatsanwalt hatte hunderte Akten unbearbeitet liegen lassen
Der Ankläger habe damit “das interne Kontrollsystem ausgehebelt” und die Republik in ihrem Recht auf ordnungsgemäße Vornahme von Amtsgeschäften geschädigt, sagte der Sprecher der Korruptionsstaatsanwaltschaft Ulrich. Im Zuge einer “Nachschau im Dienstzimmer und in den betroffenen Amtsräumlichkeiten” habe man “eine nicht geringe Zahl von Akten vorgefunden”, die der Staatsanwalt in Schränken verborgen gehalten hatte, um den Eindruck zu erwecken, seine Rückstände würden sich noch im vertretbaren Rahmen bewegen.
Angeklagter Staatsanwalt wollte Akten im Kasten verstecken
Faktum bleibt allerdings, dass der Staatsanwalt im Jahr 2009 in zahlreichen Fällen die ihm zugegangenen Anzeigen nicht bearbeitete, sondern über Monate hinweg in seinen Schränken und Regalen “schlummern” ließ. Dies aus beruflicher Überforderung, wie Kollegen des jedenfalls bis zur rechtskräftigen Erledigung seines Strafverfahrens außer Dienst gestellten Anklägers vermuten: Dieser habe sich zuletzt “sicher im Burn-out befunden”, dies aber nicht nach außen kommuniziert oder um Entlastung gebeten, hieß es gegenüber der APA.
Die Staatsanwaltschaft Wien hat die teilweise angejahrten Aktenberge – insgesamt wurden in den Räumlichkeiten des Staatsanwalts mehrere 100 Akten sichergestellt – mittlerweile zur Gänze aufgearbeitet. “Zudem sind im Zuge der Dienstaufsicht die Kontrollmechanismen enger gestaltet worden, so dass so etwas zukünftig nicht mehr passieren sollte”, versicherte Behördensprecher Thomas Vecsey der APA.
Kanzleimitarbeiter unterstützte angeklagten Staatsanwalt
Mitangeklagt wurde ein Kanzleimitarbeiter der Wiener Strafverfolgungsbehörde, der dem Staatsanwalt bei seinen rechtswidrigen Handlungen geholfen haben soll. Die Anklage ist Mittwochvormittag den Verteidigern der beiden Betroffenen zugestellt worden. Diese haben nun zwei Wochen Zeit, dagegen allfällige Einsprüche vorzubringen. Für Missbrauch der Amtsgewalt sieht das Strafgesetzbuch Freiheitsstrafen zwischen sechs Monaten und fünf Jahren vor.
(APA)