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Als Bernadotte in Wien fast gelyncht wurde

Wenn Schwedens König Carl XVI. Gustaf am morgigen Dienstag zu seinem Staatsbesuch in Wien eintrifft, kommt er in die Stadt, in der sein Ahne Jean-Baptiste Bernadotte am 13. April 1798 als diplomatischer Vertreter der französischen Revolutionsregierung im Rang eines Generals fast gelyncht worden wäre.

Damals war vom Gebäude der französischen Gesandtschaft in der Wallnerstraße in der Innenstadt die Trikolore von einer aufgebrachten Menschenmenge heruntergerissen und verbrannt worden. Bernadotte, der am 8. Februar in der kaiserlichen Residenzstadt eingetroffen war, wurde von Demonstranten attackiert. Österreich verweigerte nach dem “Wiener Fahnenrummel” die von Paris verlangte Genugtuung, worauf der Gesandte Wien am 15. April wieder verließ. Elf Monate später erklärte Frankreich Österreich den Krieg, Bernadotte wurde unter dem “Directoire” Kriegsminister.

Der schwedische König stammt in direkter Linie von dem 1763 geborenen französischen Rechtsanwaltssohn Bernadotte aus dem Pyrenäen-Städtchen Pau ab, der nach einer steilen militärischen Karriere unter Napoleon Bonaparte (welcher 1804 die Kaiserwürde annahm) Marschall und Fürst von Ponte-Corvo (südlich von Rom) wurde.

Als Adoptivsohn des kinderlosen Königs Carl XIII. aus dem Hause Holstein-Gottorp wurde Bernadotte, der mit Napoleons Ex-Verlobter Désirée Clary verheiratet war, schwedischer Kronprinz. Am 5. Februar 1818 bestieg der ehemalige Revolutionär, der eine Tätowierung “Mort au roi!” (Tod dem König) trug, als Carl XIV. den schwedischen Thron. Seit 1815 ist das nordische Land von Krieg verschont geblieben und wurde auch nie von einer fremden Macht besetzt, und das, obwohl Bernadotte ursprünglich alles andere als ein Friedensstifter war. Zum Wiener Kongress wurde er 1815 von Önicht eingeladen.

1809 war König Gustaf IV. Adolf abgesetzt worden, nachdem ein für Schweden missglückter Krieg den Verlust von ganz Finnland an Russland zur Folge gehabt hatte. Sein Onkel, Karl August von Holstein-Gottorp, bestieg als Carl XIII. den Thron. Mit der Adoption Bernadottes durch den Monarchen, so hoffte man damals in Stockholm, würde man sich gut mit dem auf der Höhe seiner Macht stehenden Kaiser der Franzosen stellen und vielleicht sogar Hilfe bei der Rückeroberung Finnlands bekommen. Napoleon gab sein Einverständnis zur Wahl Bernadottes zum Thronfolger, weil er mit Schweden als sicherem Verbündeten an Europas Nordflanke rechnete.

Zunächst wurden die Schweden noch in Napoleons Krieg gegen die Engländer gezwungen, schlossen aber schon 1812 Frieden. Danach zerbrach die Freundschaft zwischen Napoleon und seinem ehemaligen Marschall, der sich mit Preußen, Russland und England gegen sein Geburtsland verbündete. 1814 mussten die Dänen Norwegen an Schweden abtreten. Nach dem Tod von Carl XIII. am 5. Februar 1818 verfolgte der erste Bernadotte-König bis zu seinem Tod 1844 eine auf die Bewahrung des Erreichten gerichtete Politik und legte den Grundstein zu Schwedens Neutralitätskurs.

In seinem Exil in St. Helena schrieb Napoleon: “Bernadotte war eine Schlange, die ich an meinem Busen genährt habe. Er hat dem Gegner den Schlüssel zu unserer Strategie geliefert.”

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