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Alarmglocken läuteten nicht

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Die Krise um den US-Hedge Fonds Long Term Capital Management (LTCM), der im September 1998 nur durch eine Rettungsaktion der Pleite entging, ließ bei den BAWAG-Vorständen die Alarmglocken bezüglich des Investments bei Wolfgang Flöttl nicht läuten.

Dies ging jedenfalls aus den Aussagen der dazu befragten Angeklagten heute, Donnerstag, beim BAWAG-Prozess, hervor. Im Oktober 1998 hatte Flöttl seinen ersten Totalverlust mit BAWAG-Geldern erlitten. “Nicht jeder Hedge-Fonds dieser Erde ist damals insolvent geworden”, meinte Johann Zwettler, damals im Bank-Vorstand, auf die Frage von Richterin Claudia Bandion-Ortner, ob er sich Sorgen um die Flöttl-Veranlagungen gemacht habe. “Die ganze Angelegenheit mit Flöttl war nicht einmal ein halbes Prozent meines Arbeitsaufwandes”, sagte Ex-BAWAG-Chef Helmut Elsner. Auch die anderen Vorstände sahen die BAWAG-Investments damals davon nicht berührt.

Ex-BAWAG-Vorstand Christian Büttner verwies darauf, dass er bereits zuvor die Russland-Forderungen der BAWAG günstig verkauft habe und die BAWAG nicht im Krisen-Märkten Russland und Asien investiert gewesen sei. Er habe damals nicht gewusst, dass Flöttl ähnlich wie LTCM investiert habe. Der US-Fonds kam wegen sehr hoher “Hebel” (Fremdfinanzierungsanteilen) bei seinen Spekulationen in Schwierigkeiten und musste Ende September 1998 in einer konzertierten Aktion der Fed und Großbanken gerettet werden. Zahlreiche Finanzinstitute erlitten im Gefolge hohe Verluste.

Der frühere Leiter der Wertpapierabteilung der BAWAG, Thomas Hackl, wurde heute als vermutlich letzter Zeuge im Prozess befragt. Er sagte bei seinem bereits vierten Auftritt im Zeugenstand aus, die damalige Finanzkrise sei allgemein bekannt gewesen. Flöttl selber sieht die Finanzkrise und den LTCM-Beinahe-Zusammenbruch offenbar als Beweis, dass sein Totalverlust durch die Krise und nicht durch sein riskantes Spekulationsverhalten begründet war. Warum er damals nach dem LTCM-Crash seine Investments nicht umgestellt habe, wollte der Anwalt von Elsner, Wolfgang Schubert, wissen. Flöttl weigerte sich, die Fragen von Schubert zu beantworten, da dieser das Verfahren nur verzögern wolle. Daraufhin stellte die Richterin dieselbe Frage. Er sei damals stolz gewesen, keine Russlandforderungen zu haben, meinte Flöttl.

Hackl, der als eine der Schlüsselfiguren zu den Flöttl-Geschäften in der BAWAG gilt, beteuerte, er habe erst im Oktober bzw. November 2005 den Eindruck erhalten, dass die Flöttl-Investments “völlig schief” gegangen waren, vorher nicht. Zahlreiche Dokumente im BAWAG-Akte sind von Hackl unterschrieben, einige wurden ihm heute vorgehalten. Er habe Orders an Flöttl immer nur aufgrund von Vorstandsbeschlüssen getätigt, sagte Hackl. Der Vermerk “Ja, Elsner”, habe dabei genügt, sei aber nicht so “heilig” gewesen wie “Ja, FL”, spielte er auf Elsners Vorgänger an der Bankspitze, Walter Flöttl an.

Gegen Hackl wird ein Ermittlungsverfahren geführt, ob er möglicherweise schon 1998 von den Flöttl-Verlusten und der Vertuschung durch die BAWAG gewusst habe. Geprüft wird eine eventuelle Beteiligung an Untreue. Trotzdem hat Hackl bisher nicht von seinem Recht zur Verweigerung der Zeugenaussage Gebrauch gemacht. Hackl trat heute bereits zum vierten Mal in den Zeugenstand: Bereits am 17. September 2007, am 4. Februar und am 20. Februar hatte Hackl vor dem Schöffengericht als Zeuge ausgesagt.

Hackl war 1991 zur BAWAG gekommen und sollte die Bank für den geplanten Start des Futures- und Optionenhandels (ÖTOB) an der Wiener Börse vorbereiten. Von 2002 bis 2004 war Hackl Manager beim 2005 pleite gegangenen US-Broker Refco, danach ging er in die Schweiz als Fonds Manager für Acies Asset Management SA.

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