AA

Alan Greenspan vor dem "Aus"

Nach Zweifeln an Bush’ Konjunkturprogramm wird über Alan Greenspans (Chairman der US-Notenbank)Zukunft spekuliert. Gerücht: Will er nicht mehr oder darf er nicht mehr?

Die ungewöhnlich deutlichen Kommentare des Chairman der US-Notenbank (Federal Reserve), Alan Greenspan, zum Steuerpaket von US-Präsident George W. Bush haben in Washington zu Spekulationen über die berufliche Zukunft des 77-jährigen geführt. Normalerweise habe Greenspan es immer verstanden, politische Minenfelder zu umgehen, hieß es am Wochenende in Finanzkreisen. Dass Greenspan zuletzt alle Diplomatie habe vermissen lasse, könne zwei Ursachen haben: Entweder, er wolle nicht ein weiteres Mal für den Posten des Fed-Chairman nominiert werden, oder, er habe erfahren, dass er nicht abermals nominiert werden solle.

Schlecht angekommen ist der Republikaner mit seiner Kritik vor allem bei der eigenen Partei, in der sogar von einem Dolchstoß die Rede ist. Greenspan hatte in der vergangenen Woche geäußert, ein Stimulierungspaket für die Wirtschaft wäre es angesichts des drohenden Irakkrieges und der deshalb unübersichtlichen Lage verfrüht. Weitere Steuersenkungen müssten erst einmal finanziert werden. Aus dem demokratischen Lager hieß es dazu, Greenspan habe dem 1,3-Mrd.-Dollar-Steuersenkungsprogramm (1,2 Mrd. Euro) von Präsident Bush „den Todeskuss gegeben“.

Mit Blick auf Greenspans weitere Zukunft sagte David Wyss, Chefvolkswirt von Standard & Poor’s in New York, wenn der Fed-Chairman eine weitere Amtszeit wolle, dann hätte seine Kritik zwar durchaus anbringen, aber vielleicht nicht so ausführlich äußern sollen. Greenspans Amtszeit endet am 20. Juni 2004. Politische Kreise rechnen damit, dass Präsident George W. Bush Anfang nächsten Jahres einen Ersatzkandidaten nominieren wird, damit ihn der Senat bestätigen kann, noch ehe der nächste Präsidentschaftswahlkampf voll in Fahrt kommt.

Kompliziert werde die Lage allerdings durch die Tatsache, dass es im Gegensatz zu 1987, als Greenspan gewählt wurde, keinen klaren Favoriten für das Amt gibt. Als mögliche Kandidaten gehandelt werden der Harvard-Volkswirt Martin Feldstein und Treasury-Undersecretary Peter Fisher. Möglich wäre jedoch auch, dass Alan Greenspan bis 31. Jänner 2006 Chairman der Federal Reserve bleibt, deren Board er dann die erlaubten 14 Jahre angehören würde.

  • VIENNA.AT
  • Chronik
  • Alan Greenspan vor dem "Aus"
  • Kommentare
    Die Kommentarfunktion ist für diesen Artikel deaktiviert.