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Akzeptanz des Euro unterschiedlich

Die Einführung des Euro vor fünf Jahren war in vielen Ländern mit Ablehnung und Kritik, aber auch von Zu-stimmung begleitet worden. Heute hat man sich an den Euro gewöhnt, lieben tun viele ihn aber nicht.

Ein Blick in einzelne Länder:

FRANKREICH:

Die Franzosen haben sich zwar an den Euro gewöhnt, aber sie mögen ihn nicht besonders. „Euro“ steht für politisch unkontrollierte Macht unsozial denkender Bankiers im fernen deutschen Frankfurt. Und er steht für schwindende Wettbewerbskraft und für Exportbehinderung über unfaire Wechselkurse, die nicht durch Abwertung zu korrigieren sind. Auf den Kassenzetteln werden immer noch die Endbeträge in beiden Währungen ausgewiesen. Das erleichtert den Vergleich, aber auch das innerliche Festhalten am Franc. Und es bestärkt das weit verbreitete Gefühl, bei der Währungsumstellung betrogen worden zu sein.

Nach einer neuen Umfrage halten 52 Prozent den Euro für eine „schlechte Sache“ für Frankreich. Sogar 57 Prozent sind der Ansicht, der Euro sei schlecht für sie persönlich. Und 94 Prozent machen den Euro für die Teuerung verantwortlich. 53 Prozent glauben, dass er die Beschäftigung drückt, ergab eine Umfrage des Instituts TNS Sofres für die Zeitschrift „Le Pelerin“. Nur 20 Prozent rechnen nie mehr in Franc um. Die offiziellen Preisstatistiken, die seit Jahren zu vernachlässigende Inflationsraten ausweisen, werden in der Öffentlichkeit und von den Gewerkschaften angezweifelt.

ITALIEN:

Geliebt wird der Euro von den allerwenigsten Italienern. Die meisten sehen ihn nach wie vor als „Teuro“. Meint eine Römerin: „Früher kostete eine einfach Pizza 6.000 Lire, das waren damals sechs Mark, heute mindestens sechs Euro“. Außerdem sind die Italiener keine „wertvollen“ Münzen gewöhnt: „Man neigt dazu, zu viel Trinkgeld zu geben“, klagt ein älterer Römer. Auch fünf Jahr nach dem „Tag X“ gibt es mitunter noch Geschäfte, die ihre Preise auch in der „guten alten Lira“ angeben. Größere Probleme mit dem Einheitsgeld gibt es aber nicht – die meisten haben sich daran gewöhnt.

GRIECHENLAND:

Wegen des „komischen“ Umtauschkurses (1 Euro = 340,75 Drachmen) fiel es zunächst fast allen Griechen schwer einzuschätzen, ob etwas „teuer“ oder „billig“ ist. So wurden die Verkaufspreise von Grundstücken, Wohnungen oder Häusern bis vor ein oder zwei Jahren in Drachmen angegeben, damit der Käufer den Preis „verstehen“ kann. Mittlerweile sind die Drachmenpreise völlig verschwunden. Dagegen tun sich die Griechen immer noch schwer, den Wert der Münzen zu begreifen. Die Drachmenmünzen hatten zuletzt fast kaum Wert und wurden einfach als Trinkgeld zurückgelassen. Viele lassen daher nach dem Kaffeetrinken sogar zwei Euro-Münzen liegen, weil sie sich „schämen“ in ihren Augen wertlose Münzen mitzunehmen.

SPANIEN:

In Spanien beklagen sich viele Menschen, mit der Einführung des Euro sei alles teurer geworden. Was vorher 100 Peseten kostete, kostet nun 1 Euro (= 166,386 Peseten). Früher bekam man eine Tasse Kaffee in einem Lokal für höchstens 100 Peseten, nun muss man mindestens einen Euro berappen. Angesichts der komplizierten Umrechnung rechnen viele Menschen bei hohen Beträgen meist noch in Peseten, etwa beim Immobilien- oder Autokauf. In Zeitungsannoncen wird der Preis zuweilen sogar nur in Peseten angegeben. In vielen Supermärkten werden die Preise in beiden Währungen ausgezeichnet, dies gilt auch für die Kassenzettel.

BELGIEN:

Belgien gehört seit der Bargeldeinführung zu den ausdrücklichen Befürwortern der Euro-Währung. Dem belgischen Franc hat hier keiner richtig nachgetrauert, obwohl die meisten Menschen bei Großanschaffungen wie Häusern immer noch in der alten Währung rechnen. Die Zustimmung zur neuen Währung sank allerdings von 68 Prozent (2002) auf 58 Prozent (2006), liegt aber noch weiter über dem Schnitt der Euro-Zone (48 Prozent/2006).

NIEDERLANDE:

Die Niederländer sind in ihrer Haltung zum Euro gespalten: Eine Umfrage im Sommer ergab, dass die Hälfte von ihnen den Gulden zurückwünscht. Das war etwas mehr als kurz nach der Euro-Einführung. Die meiste Kritik: Der Euro habe alles teurer gemacht. Entsprechend sehnen sich vor allem Menschen mit kleinen Einkommen nach dem Gulden zurück. Immerhin hat sich die große Mehrheit der Niederländer an den Euro gewöhnt, nur etwa ein Viertel rechnet die Preise noch in die alte Währung um. Dass in vielen Geschäften auf- und abgerundet wird, um den Umgang mit den 1- und 2-Cent Münzen zu vermeiden, wird längst ohne Murren akzeptiert.

Der Euro eroberte die Portemonnaies, nicht die Herzen

Fünf Jahre nach der Euro-Bargeldeinführung ziehen die Verantwortlichen in der Europäischen Union (EU) eine positive Bilanz. Die Gemeinschaftswährung für über 300 Millionen Menschen vom Polarkreis bis zum Mittelmeer hat sich bewährt. Sie ist ein europäisches Erfolgsprojekt und sorgte für Stabilität. Die Inflation ist trotz hoher Öl- und Benzinpreise im Griff. Die Europäische Zentralbank (EZB) hat international einen guten Ruf und bewahrte sich ihre Unabhängigkeit in der Geldpolitik.

Aber so richtige Euphorie kommt zum Jubiläum am 1. Jänner 2007 nicht auf. Da sind zunächst die Verbraucher. Sie hadern vielfach noch mit dem – gar nicht mehr so – neuen Geld. Eine aktuelle, repräsentative EU-Umfrage zeigt, dass viele Menschen noch immer den früheren alten Währungen nachtrauern.

Der Euro eroberte also die Portemonnaies, aber nicht die Herzen. Der Enthusiasmus schwindet: 2002 waren noch 59 Prozent aller Befragten in den 12 Ländern der Gemeinschaftswährung der Ansicht, die neue Währung sei unter dem Strich vorteilhaft für das eigene Land. Bis zum September des laufenden Jahres schrumpfte diese Zustimmung auf 48 Prozent. Vorteile des Euro werden gerne mitgenommen, wie das leichtere und kostengünstigere Reisen und einfachere Preisvergleiche über die Grenzen hinweg. Bei der Schattenseite sind sich so gut wie alle Verbraucher einig: Das neue Geld machte das Leben teurer.

Ein weiterer Grund für die fehlende Euro-Euphorie in Europa ist die weit gehend blockierte Ausweitung des Währungsgebiets. Zum Jahreswechsel wird zwar Slowenien als ein wirtschaftlicher Musterschüler als 13. Mitglied in den Klub aufgenommen. Doch danach haben auf absehbare Zeit nur die Mittelmeerinseln Malta und Zypern Chancen auf Beitritt.

In den meisten neuen EU-Ländern verhindern hingegen hohe Inflation und überhöhte Defizite einen Umtausch. Der Zug des Euro in Richtung Osten ist gestoppt. EU-Währungskommissar Joaquin Almunia räumte unlängst ein: „Der Weg zum Euro ist schwieriger, als einige vielleicht zunächst geglaubt haben.“ Die drei Währungs-Außenseiter der „alten“ EU – Großbritannien, Dänemark und Schweden – machen nicht die geringsten Bewegungen in Richtung Euro. Ihr gutes wirtschaftliches Abschneiden sagt ihnen, dass es auch ohne Euro geht.

In der Brüsseler EU-Machtzentrale sind die Verantwortlichen für die Währung in der grauen Realität angekommen. Visionen sind verflogen. Die Eurogruppe, also der Club der 12 Euro-Finanzminister, schaffte es bisher nicht, sich zu einem offiziellen Gremium der EU aufzuschwingen. Ein Vorstoß ihres anerkannten Vorsitzenden Jean-Claude Juncker zu einem verstärkten Dialog mit der EZB scheiterte kläglich am Widerstand ihres Präsidenten Jean-Claude Trichet. Der Franzose nennt sich gerne „Mr. Euro“ – weil seine Unterschrift auf den Euro-Banknoten prangt. In der Führung der Euro-Zone knirscht es also erheblich.

Zu wichtigen Fragen findet die Eurogruppe nicht zu einer klaren Sprache. Beispiel: Der hohe Wechselkurs des Euro gegenüber dem Dollar. Frankreich ist beunruhigt und fordert „erhöhte Wachsamkeit“. Luxemburgs Premier- und Finanzminister Juncker hingegen meint: „Wir sind Längen von einer kritischen Zone entfernt.“

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