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Aktuelles zur Grippe-Impfung

Wolfurt - Zwei Experten präsentierten beim Mini Med-Abend die neuesten Erkenntnisse bezüglich der Influenza-Impfung.
Der ganze Vortrag als Video

Gernot Fritsche von der Universitäts-Klinik Innsbruck begann mit einer Beschreibung des Influenza-Virus. Alle Viren sind auf eine Wirtszelle angewiesen. Sie geben ihr Erbgut an diese ab, werden so „nachgebaut“ – beim Verlassen der Wirtszelle wird diese meist zerstört und in der Folge neue werden infiziert.

Drei Virus-Typen

Beim Influenza-Virus gibt es drei Typen: Typ A infiziert Vögel und Säuger, Typ B nur Menschen. Typ C sind milde grippale Infekte. Schweine spielen eine wichtige Rolle als „genetische Mischmaschine“ – die Viren verändern sich laufend, werden vermischt und bilden neue Mutanten. Die Folge: Das Immunsystem erkennt die Viren nicht mehr, daher ist auch jährlich ein neuer Impfstoff nötig. Dr. Fritsche erklärte den Verlauf der aktuellen Schweinegrippe, die in Mexiko entstanden ist.

Influenza und grippaler Infekt

Eine Influenza, also die echte Grippe, hat eine Inkubationszeit von zwei bis drei Tagen. Typische Symptome sind ein schlagartiger Krankheitsbeginn mit hohem Fieber (Dauer drei bis sechs Tage), Entzündungen von Luftröhre und Bronchien. Oft ziehen sich Komplikationen wie Lungenentzündung oder Mittelohrentzündungen (bei Kindern häufig) nach sich. Beim grippalen Infekt verläuft der Beginn eher schleichend mit Husten und Heiserkeit, meist ohne Fieber.

Influenza kommt immer als Welle (klassisches Auftreten Dezember, Jänner – im Februar wieder vorbei). Der grippale Infekt ist im Winter häufiger, man kann aber auch im Sommer erkranken (Sommergrippe). Heuer gibt noch keine saisonale Influenza, bisher wurden alle Fälle durch den neuen A/H1N1-Virus verursacht.

Der klinische Verlauf der neuen Influenza ist im Durchschnitt relativ mild, allerdings gibt es in Einzelfällen schwere Verläufe bis hin zu Todesfällen. Die Diagnostik erfolgt durch Antigen-Schnelltests, der hundertprozentige Nachweis ist durch molekularbiologische Untersuchungen möglich.Die Übertragung erfolgt über Tröpfcheninfektionen oder direkten Kontakt (Schmierinfektion über Hände, Türklinken, Taschentücher).

Hygiene ist ganz wichtig

Als Prophylaxe empfiehlt der Experte Händehygiene und beim Husten oder Niesen lieber den Ärmel statt der Hände zu verwenden. Regelmäßiges Lüften ist hilfreich, außerdem sollte man im Krankheitsfall zu Hause bleiben. Medikamente wie Tamiflu sind genauso wie Antibiotika nicht ratsam. „Besser ist es, das Immunsystem durch Sport und Vitamine zu stärken“, stellte Fritsche klar. Die Therapie erfolgt über Bettruhe und eine verstärkte Zufuhr von Flüssigkeit sowie eine Fiebersenkung – auch durch Medikamente.

Der Mediziner erklärte die zwei Präparate, die eingesetzt werden – und dass diese vor allem bei frühzeitiger Behandlung funktionieren. Bei mildem Verlauf oder fehlenden Risikofaktoren ist eine medikamentöse Behandlung nicht unbedingt notwendig.

Die Influenza-Impfung

Dr. Bernhard Jochum, Facharzt für Kinder- und Jugendheilkunde, widmete sich als Impfreferent der Ärztekammer im zweiten Teil der Influenza-Impfung. Eine Besonderheit bei Grippeimpfstoffen ist der Zeitdruck bei der Herstellung, bedingt durch die ständig wechselnde Viruszusammensetzung.

Impfen lassen sollten sich besonders Kinder, Jugendliche und Erwachsene mit erhöhter Gefährdung (ebenso über 50 Jahre). Genauso wie Betreuungspersonen von Risikogruppen (medizinisches Personal, Personen mit häufigen Publikumskontakten).

Impfstoff-Produktion

Der Experte erklärte, wie schwierig es ist, den Impfstoff großflächig zeitgleich zu produzieren und abzufüllen – nicht zuletzt durch logistische Probleme. Jochum sah als eines der Probleme im Zusammenhang mit der Impfung auch die mediale Berichterstattung: „Da fanden zahlreiche Personen Gehör, die nicht über die nötigen Grundkenntnisse verfügen.“

Aber wie gefährlich ist die neue Grippe nun? Der Impfreferent dazu: „Ab 9. November kam es zu einer massiven Explosion der Fallzahlen bei Kindern. Es kam zu Klassen- und Schulschließungen – in Summe gesehen ist der Verlauf aber mild.“ Bezüglich Panikmache betonte Jochum die Wichtigkeit der Bereitstellung der Impfstoffe für den Ernstfall: „Ich jedenfalls bin beruhigt, dass in Österreich die Möglichkeit geboten wird, vorzusorgen.“

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Publikumsfragen

Bei Kindern ist eine Grippe kein größeres Problem, weil sie keine Grunderkrankungen haben. In Innsbruck ist doch ein Mädchen gestorben – gibt es da genauere Infos?

Dr. Fritsche: Ich war in die Therapie dieser Patientin nicht involviert. Das Mädchen hatte keine Grunderkrankung, was ich weiß – man kann über die Ursachen nur spekulieren. Je jünger die Patienten sind, desto weniger Gelegenheit haben sie gehabt, mit diesen Erregern jemals in Berührung zu kommen. Bei diesem Mädchen war das Hauptproblem sicher auch eine zweite Infektion, die zu einer Lungenentzündung geführt hat. Es war also eine Verkettung von mehreren Umständen.

Ein Kritikpunkt waren immer diese Wirkverstärker?

Dr. Jochum: Die sind bei uns nicht drin. Bezüglich der Dosis muss man übrigens sagen, momentan ist die Empfehlung, auch die zweite Impfung zu machen. Das kann sich aktuell noch ändern, es laufen noch Beobachtungen von Antikörperspiegeln bei Patienten.

Sind jetzt die Vorbehalte gegen diesen Impfstoff, der auf die Schnelle entwickelt wurde, wirklich alle ungerechtfertigt?

Dr. Jochum: Natürlich muss man sich das immer gut überlegen. Man hat diesen Impfstoff, wie bei jeder saisonalen Grippe, nicht an einer sehr großen Anzahl von Patienten testen können. Die Experten meinen aber dazu, ganz klar sagen zu können, dass aufgrund der Erfahrungen mit den saisonalen Impfungen kein besonderes Problem auf Sicherheit und Wirksamkeit entsteht.

Dr. Fritsche: Die genauen Daten werden erst noch kommen. Aufgrund der bisherigen Erfahrungen weiß man aber, dass das eine sehr sichere Impfung ist.

Ich bin selber geimpft: Zum einen, um meine Patienten zu schützen, zum anderen zum Selbstschutz – ich lasse mich jedes Jahr impfen und habe keine großen Bedenken.

Gibt es schon Daten über den aktuellen Impfstoff?

Dr. Fritsche: Man weiß nur die Zahlen vom vergangenen, wo nach der zweiten Impfung ein Großteil der Geimpften einen ausreichenden Stand von Antikörpern erreicht hat. Was ich auch sagen muss, gerade bei der saisonalen Influenza-Impfung haben ältere Personen oft eigentlich unzureichende Antikörper nach der Impfung. Und trotz dieser schlechten Impfantwort sind diese Patienten klinisch relativ gut geschützt. Für Risikogruppen ist die Influenzaimpfung wirklich sehr sinnvoll.

Dr. Jochum: Ich hätte schon ein sehr gutes Gefühl, dass diese Impfung gut verträglich ist. Wenn man die ganze Datenlage anschaut, gibt es keinen Grund, zu zweifeln. Aber es ist natürlich eine reine Gefühls- und Vertrauenssache.

Dr. Fritsche: Es gibt einige verschiedene Impfstoffe. Wir haben hier in Österreich einen Wirkstoff ohne diese Hühnerembryonen, damit fällt ein klassisches Problem, nämlich die Allergie auf das Hühnereiweiß, weg.

Allergische Reaktionen sind immer die gefährlichsten Impfreaktionen. Mit groben Komplikationen muss man normalerweise nicht rechnen – das Sicherheitsprofil ist sicher ein gutes.

Es wird ja immer empfohlen, die Impfung in Absprache mit dem Hausarzt zu machen. Haben die überhaupt noch Zeit, beratende Gespräche zu führen?

Dr. Jochum: Am 11. November ist es bei mir wirklich losgebrochen in der Ordination. Alle wollten Information, es war wahnsinnig viel Arbeit. Aber genauso, wie diese Welle gekommen ist, ist sie letzte Woche auch wieder zusammengebrochen. Inzwischen interessiert sich fast niemand mehr für die Impfung. Das sind nur Erfahrungsberichte von mir und einigen meiner Kollegen.

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