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AK-Studie: Junge Wiener finden keine Wohnungen mehr

Viele junge Erwachsene in Wien finden keine geeignete Wohnung.
Viele junge Erwachsene in Wien finden keine geeignete Wohnung. ©pixabay.com
Junge Menschen finden in Wien kaum mehr Wohnungen. Im Dschungel der Wohnungssuche müsse man sich mit teuren Mieten, Befristungen und hohen Maklergebühren herumschlagen.

Zu teure Mieten, zu viele Befristungen, zu hohe Maklergebühren: Die Arbeiterkammer beklagt die Mietsituation am privaten Wohnungsmarkt in Wien – vor allem für junge Menschen. Gestützt wird die Kritik auf Ergebnisse einer Umfrage, die die AK unter rund 500 Wienern bis 35 Jahre durchführen hat lassen. Demnach war es für 60 Prozent der Teilnehmer schwierig, eine passende Wohnung zu finden.

Hohe Mietpreise in Wien schrecken ab

84 Prozent der Befragten nannten hohe Mietpreise als Grund für die Probleme bei der Wohnungssuche. 36 Prozent führten außerdem die schlechte Qualität der Objekte an, 34 Prozent ärgerten sich über die aus ihrer Sicht zu teuren Maklerprovisionen, fasste Thomas Ritt, Leiter der Abteilung Kommunalpolitik in der AK Wien, Teilresultate der Studie des Instituts für empirische Sozialforschung (IFES) zusammen. Befragt wurden Wiener, die in den vergangenen fünf Jahren einen Mietvertrag abgeschlossen oder eine Befristung verlängert haben.

Dass der Zins bei privaten Vermietungen zu hoch ist, schließt Ritt auch aus der Tatsache, dass sich laut Studie knapp 60 Prozent für Gemeinde- oder Genossenschaftswohnungen entschieden haben. Bei Familien mit Kindern liege dieser Anteil sogar bei 77 Prozent, so Ritt in einer Pressekonferenz am Mittwoch.

Gemeindebau: 72-Quadratmeter-Wohnung für 540 Euro

Angeschaut hat man sich folglich auch die Kosten für eine 72-Quadratmeter-Wohnung – also für jene Durchschnittsgröße, die die Umfrageteilnehmer angaben. Demnach kostet eine Gemeindewohnung “kalt” – also mit Betriebskosten, aber ohne Warmwasser, Strom und Heizung – 540 Euro pro Monat. Im Genossenschaftssektor sind es an die 600 Euro, im Privatbereich allerdings mehr als 790 Euro.

Dazu komme, dass knapp zwei Drittel angaben, nur einen befristeten Vertrag bekommen zu haben. Darüber hinaus gaben sieben von zehn Personen an, von ihrem Makler nicht über bestehende Mietzinsbegrenzungen informiert worden zu sein.

Wohnbonus für Mieter gefordert

Für AK-Präsidentin Renate Anderl sind diese Zahlen eine “ernüchternde” Bilanz: “Wohnen ist ein Luxus geworden, den sich viele nicht mehr leisten können.” Es sei ganz dringend nötig, im Mietbereich gesetzliche Reparaturen vorzunehmen, sah sie vor allem die Bundesregierung in der Pflicht.

Anderl wiederholte bei der Gelegenheit den bereits präsentierten Fünf-Punkte-Plan der Arbeiterkammer, der u.a. einen “Wohnbonus” vorsieht. Dabei sollen zehn Prozent der Wohnkosten und maximal 500 Euro von der Lohn- bzw. Einkommenssteuer abgesetzt werden können. Besserverdiener würden ausgenommen. Außerdem sollen Befristungen nur noch bei Eigenbedarf erlaubt sein und das Dickicht an Zu- und Abschlägen gelichtet werden. Die AK will außerdem, dass die Maklerkosten künftig allein vom Auftraggeber – also in der Regel vom Vermieter – übernommen werden und Eigentümer bei zu hohen Mieten das Doppelte des rechtswidrig verlangten Betrags zurückzahlen müssen. Zwecks Beratung zum Thema Miet- und Wohnrecht geht ab Mitte Februar eine neue AK-Hotline in Betrieb. Sie ist unter der Nummer 01/501 65 1345 wochentags von 8.00 bis 12.00 Uhr und an Dienstagen zusätzlich von 15.00 bis 18.00 Uhr erreichbar.

Zu hohe Einkommensgrenzen bei Sozialwohnungen

Die Immobilienbranche sieht das freilich anders. Wolfgang Louzek, Präsident des Verbands der institutionellen Immobilieninvestoren, sieht das Problem nicht zuletzt bei zu lockeren Vergaberichtlinien für Sozialwohnungen – etwa zu hohe Einkommensgrenzen. Diese müssten so geändert werden, “dass die junge Generation auch tatsächlich eine Chance hat, leichter eine Wohnung zu bekommen”, ließ er in einem schriftlichen Statement gegenüber der APA ausrichten. Es sei unverständlich, dass zwar 60 Prozent der Wiener im geförderten Wohnbau lebten, aber nur 22 Prozent sozial bedürftig seien.

Dass die Mieten hinaufklettern, sei außerdem eine Folge der steigenden Nachfrage bei nicht ausreichendem Angebot bzw. höheren Grundstücks- und Baukosten. Geringere Bauauflagen, verbesserte Abschreibungen und Investitionsanreize seien Möglichkeiten, den Wohnbau anzukurbeln. Und außerdem werde in der Debatte außer Acht gelassen, dass der Zins im Gemeindebau zwischen 2012 und 2016 ebenfalls gestiegen sei – und zwar um 11,6 Prozent.

Günstig Wohnen wird immer schwieriger

“Bei den Herausforderungen für die Zukunft geht es um die Sicherstellung von kostengünstigem Wohnraum und von leistbaren Wohnungen”, fasste Studienleiterin Gabriele Reithner vom Gallup-Institut am Mittwoch in einer Pressekonferenz die Umfrageergebnisse zusammen. “Als deutliches Manko wird die Finanzierbarkeit von Wohnraum angesehen.” Für die Erhebung wurden im Dezember 1.000 Österreicher repräsentativ befragt.Ein entsprechend gutes Zeugnis stellten die Befragten dem gemeinnützigen Wohnbau aus – “70 Prozent sind der Ansicht, dass die Bedeutung in Zukunft noch zunehmen wird”, so Reithner. Bei einer zuletzt 2015 durchgeführten ähnlichen Studie sei dieses Ausmaß “noch deutlich darunter gelegen”.

Eigentum oft gar nicht möglich

“Es ist gar nicht leicht, eine günstige Wohnung zu finden”, betonte der Obmann des Österreichischen Verbands gemeinnütziger Bauvereinigungen (GBV), Karl Wurm. “Für alle jene, die suchen, ist der Druck enorm hoch”, stellte auch der stellvertretende GBV-Obmann Alfred Graf fest. Seit der Finanzkrise seien die Regularien der Kreditinstitute so hoch geworden, “dass es den Jungen auch oft gar nicht mehr möglich ist, Eigentum zu schaffen”.

Der dynamischen Preisentwicklung nach oben auf dem freien Markt muss laut Gemeinnützigen Einhalt geboten werden. Sonst drohten Entwicklungen wie in Deutschland. “Wenn sie nach Deutschland schauen, da tickt die Diskussion über leistbares Wohnen ganz anders, da wird zum Beispiel politisch diskutiert, Bestände von Vonovia (Deutschlands größtem Wohnungskonzern, Anm.) zu enteignen”, berichtete der GBV-Obmann. Da sei es besser, “rechtzeitig die Hausaufgaben zu machen und auf die Kosten zu schauen”. “Es ist schon die Miete, die manchen zu hoch erscheint und tatsächlich zu hoch ist”, so Wurm.

Förderungen gezielt einsetzen

Die gemeinnützigen Bauträger bräuchten dringend günstigere Grundstücke, um auch weiterhin leistbaren Wohnraum schaffen zu können. “Die Wiener Bauordnung ist so ein Beispiel – in Tirol und Salzburg werden ähnliche Dinge diskutiert”, so Wurm. “Es ist notwendig das zu machen, um eine sanfte Strukturierung des Wohnungsmarktes zu erreichen”, sagte er zur APA. Einfach nur mehr zu bauen, sei zu wenig. Als ordnungspolitischer Eingriff wichtig sei auch die Lenkung der Wohnbauförderung, “dass mit der Gießkanne aufgehört wird – das passiert jetzt eh”. Weiters sollten Wohnungen nicht für Online-Kurzzeitvermietungen wie etwa über Airbnb verwendet werden dürfen. Das treibt die Mietpreise ebenfalls nach oben.

Vorsicht sei allerdings beim von der SPÖ lancierten Ruf nach einer Abschaffung der Mehrwertsteuer auf Wohnen geboten: “In diesem Fall muss man sehr aufpassen und das Ganze muss von Brüssel abgesegnet werden – eventuell ‘kauf’ ich mir den Wegfall des Vorsteuerabzugs”, warnte Wurm. Die gemeinnützigen Bauträger hätten derzeit einen Vorsteuerabzug, die Mehrwertsteuer bezieht sich auf die monatliche Miete. Werde diese gestrichen, “dann sind wir plötzlich um 20 Prozent teurer bei den Baukosten und das ist nicht, was wir im Wohnbau brauchen”, bekräftigte Graf.

Österreichweit stehen derzeit den Angaben zufolge rund 615.000 gemeinnützige Mietwohnungen zur Verfügung, etwa 205.000 davon entfallen auf Wien. Hinzu kommen bundesweit rund 300.000 Gemeindewohnungen (220.000 davon in Wien). Die Bestandsmieten bei den Gemeinnützigen liegen bei 6 bis 6,50 Euro pro Quadratmeter und Monat (Inklusive Betriebskosten). Im Gemeindebau sind “etwas unter 6,40” zu bezahlen, am freien Markt ab 8,30 Euro.

(APA/red)

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