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Afghanistan: Zweifel an US-Angaben

Die Verwandten der 48 Opfer, die bei einem US-Angriff getötet wurden, sind empört und verbittert: "Wir arbeiten mit den Amerikaner zusammen und was bekommen wir - Tote."

In die Trauer um die Opfer mischt sich bei den Einwohnern des afghanischen Dorfes Kakrakai gehörige Wut auf die USA. „Wir arbeiten mit den Amerikanern zusammen“, sagt Mohammad Walhi. „Und sie begehen hier ein Massaker“. US-Kampfflugzeuge hatten in der Ortschaft in der zentralafghanischen Region Dehrawad am vergangenen Sonntag irrtümlich eine Hochzeitsgesellschaft beschossen. Am Samstag dann räumten die USA ein, bei dem Vorfall seien 48 Zivilisten getötet und 117 verwundet worden.

Wütend sind die Menschen über die offiziellen Erklärungen der Vereinigten Staaten der vergangenen Tage: Demnach waren die Gräber der Opfer mehrere Tage lang nicht auffindbar. Der Bauer Abdul Kadir dagegen sagt: „Mein Neffe, der auf der Hochzeitsfeier war, liegt auf dem zentralen Friedhof.“ Die meisten Opfer seien dort begraben, fügt der 30-Jährige hinzu. Schwierig könnte für die afghanisch-amerikanische Untersuchungskommission aber gewesen sein, dass viele Besucher der Hochzeitsfeier ihre toten Angehörigen mit in die Heimat nahmen. „Die Gäste waren von überall zu der Hochzeit gekommen“, erzählt Kadir. „Aus Kandahar, Kabul, sogar aus Pakistan.“

Die Bewohner von Kakrakai wollen auch nicht akzeptieren, dass die Streitkräfte die Hochzeitsgesellschaft möglicherweise auf der Basis falscher Informationen bombardierten. Den US-Truppen seien unzutreffende Nachrichten über El-Kaida-Mitglieder und Taliban zugespielt worden, die sich in der Gegend aufhielten, hatte der Gouverneur der Provinz Usrugan vor einigen Tagen behauptet. „Ich verstehe das nicht“, schimpft Kadir. „Die USA sind eine Supermacht und dann nicht in der Lage, ihre Erkenntnisse vorher zu überprüfen? “ Auch Mohammad Walhi ist zornig. „Die Amerikaner haben schon zu viele Fehler auf der Grundlage falscher Informationen gemacht“.

Nach Angaben von Hilfsorganisationen sind bei den US-Angriffen bereits mehrere hundert Menschen ums Leben gekommen, manche Quellen sprechen von tausenden Opfern. Die USA haben bisher eingestanden, dass einige Bomben ihr Ziel verfehlt haben. Genaue Opferzahlen sind bisher nicht bekannt.

Glauben will im Dorf auch niemand, dass die Flugzeuge auf feindlichen Beschuss reagiert haben. „Niemand hat auch nur den geringsten Hinweis, dass sich ein Taliban-Kämpfer oder ein Mitglied von El Kaida im Dorf oder in der Umgebung aufhält“, sagt Walhi empört. Nach US-Angaben war die Region in der Vergangenheit ein beliebter Aufenthaltsort von Taliban-Chef Mullah Mohammed Omar und wird bis heute von Taliban- und El-Kaida-Kämpfern bevölkert. „Wir unterstützen hier alle Hamid Karsai in seinem Kampf gegen die Taliban“, widerspricht Abdul Kadir. „Und was bekommen wir dafür:
Tote.“

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