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Afghanistan vor Friedensvertrag mit brutalem Kriegsherrn

Gespräche liefen schon länger
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Die afghanische Regierung steht kurz vor der Unterzeichnung eines Friedensvertrags mit einem der brutalsten Kriegsherren des Landes. Das Abkommen zwischen Gulbuddin Hekmatjar, Anführer der Terrororganisation Hisb-e Islami, sowie dem Hohen Friedensrat Afghanistans sei fertig und könne "jede Minute" unterschrieben werden, sagte ein afghanischer Teilnehmer der Verhandlungen der dpa am Freitag.

Hekmatjar (68) war in den 1980er-Jahren der von Saudi-Arabien und den USA bestfinanzierte Mujaheddin-Anführer im Kampf gegen die Sowjets in Afghanistan. Im Bürgerkrieg um die Herrschaft in Kabul tötete er Tausende Zivilisten.

Später leitete er mit Hisb-e Islami die nach den Taliban zweitgrößte Widerstandsgruppe gegen die afghanische Regierung und internationale Truppen.

Friedensvertrag sichert Hisb-e Islami Immunität

Ein vierseitiger Entwurf des Abkommens, der der dpa vorliegt, sichert Hisb-e Islami Immunität für “vergangene politische und militärische” Taten zu. Außerdem würden inhaftierte Mitglieder freigelassen, sofern sie keine kriminellen Handlungen begangen hätten.

Kämpfer sollen in Polizei und Armee integriert werden. Die Regierung werde zudem helfen, in Verhandlungen mit den Vereinten Nationen die Sanktionen gegen die Bewegung aufzuheben.

Hisb-e Islami will im Gegenzug militärische Operation stoppen

Im Gegenzug sichert Hisb-e Islami zu, “militärische Operationen zu stoppen” und die Verfassung zu respektieren. Hisb-e Islami werde keinerlei Kontakte zu anderen Terrororganisationen mehr unterhalten. Die Bewegung hatte trotz Rivalitäten in der Vergangenheit punktuell mit Al-Kaida und den Taliban zusammengearbeitet.

In Paragraf 3 des Entwurfes erklärt die islamistische Organisation, dass sie die Gleichberechtigung von Mann und Frau anerkenne.

Risikoreicher Versuch um Frieden im Land zu erwecken

Analysten beobachten das Abkommen mit Skepsis. Es sei ein risikoreicher Versuch, den Eindruck zu erwecken, dass es vorwärtsgehe mit dem Frieden im Land. Hekmatjar habe auf dem Schlachtfeld eine zunehmend kleinere Rolle gespielt. Ihm nun den roten Teppich auszurollen, heiße, einen gefährlichen Demagogen auf die politische Bühne zurückzubitten. Außerdem spalte das Abkommen das Land weiter, weil es den Opfern Hekmatjars keine Genugtuung gebe.

Friedensverhandlungen mit der weitaus größten Gruppe islamistischer Extremisten, den Taliban, sind weiterhin nicht absehbar.

(APA)

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