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Afghanistan: Streit um Wahl entschärft

Der Streit um Unregelmäßigkeiten bei der afghanischen Präsidentschaftswahl ist durch ein Einlenken des wichtigsten Herausforderers von Amtsinhaber Hamid Karzai, Junis Kanuni, entschärft worden.

Der frühere Bildungsminister sagte am Montag, er werde das Wahlergebnis nach der geplanten Prüfung durch eine unabhängige UN-Kommission akzeptieren. Karzai gewann die Wahl vom Samstag laut Wählernachfragen mit absoluter Mehrheit.

Karsais Abstand auf Kanuni betrage 43 Prozentpunkte, teilte das Internationale Republikanische Institut mit, eine unabhängige US-Organisation. Diese hatte Mitarbeiter in 26 der 34 afghanischen Provinzen entsandt, die mehr als 10.000 Wähler nach ihrer Entscheidung fragten. Das Institut erwartet nach eigenen Angaben, dass das amtliche Ergebnis nur ein bis zwei Prozentpunkte von seiner Prognose abweicht.

Mit der Auszählung der Stimmen kann nach Angaben der Wahlkommission frühestens am Mittwoch begonnen werden. Tausende Wahlurnen wurden am Montag zu acht Zählzentren transportiert, zum Teil auf Maultieren. Nach UN-Angaben soll zunächst die Anzahl der abgegebenen Stimmzettel mit der Zahl der Wahlberechtigten abgeglichen werden. Dann sollen die Stimmzettel vermischt werden, damit die Ergebnisse einzelner Regionen geheim bleiben. Das Endergebnis wird nicht vor Ende Oktober erwartet.

Kanuni begründete sein Einlenken mit dem Respekt vor „dem Willen von Millionen von Afghanen und vor unseren nationalen Interessen“. Er forderte in der afghanischen Hauptstadt, die Ergebnisse der unabhängigen Kommission müssten vor dem Ergebnis der Wahlen selbst vorliegen. Dann werde er auch selbst seine Stimme abgeben. Am Samstag hatte er sich aus Protest gegen Unregelmäßigkeiten geweigert, abzustimmen.

Der frühere Bildungsminister war einer von 14 Kandidaten, die eine Annullierung der Wahl gefordert hatten. Sie bemängelten, die Tinte, mit der die Daumen der Wähler zur Verhinderung von Mehrfach-Stimmabgaben markiert wurden, sei abwaschbar gewesen. Kanunis Einlenken gilt als richtungsweisend für die anderen unzufriedenen Kandidaten.

Der Einsatz eines UN-Expertenteams zur Überprüfung möglicher Manipulationen bei der Wahl ist nun der Versuch von UNO und afghanischen Behörden, sich mit den Kontrahenten Karzais zu einigen. Ein Sprecher der afghanischen Wahlkommission sagte, das dreiköpfige UN-Gremium werde aus einem kanadischen Diplomaten und einem schwedischen Wahlexperten bestehen. Das dritte Mitglied solle später benannt werden. Der Beginn der Auszählung werde verschoben, um Wahlurnen gezielt kontrollieren zu können. Kandidaten, die die Wahl zunächst boykottiert hatten, könnten ihre Stimme möglicherweise noch abgeben.

Karzai wertete die Wahl erneut als Beweis für den „Sieg des afghanischen Volks über den Terrorismus“. Im ganzen Land seien die Wähler trotz Anschlagsdrohungen zu den Urnen geströmt, sagte er dem US-Fernsehsender NBC. Die Wahlurnen seien bereits in Sicherheit gebracht worden und die Auszählung der Stimmen werde „unter dem Auge der Kameras“ stattfinden. Es bleibe aber noch viel zu tun, bis Afghanistan auch in den Bereichen Wirtschaft, Institutionen und Gesetzgebung funktioniere. Bis das Land sich selbst verwalten und auf eigenen Beinen stehen könne, würden noch „einige Jahre“ vergehen. Deshalb benötige Kabul internationale Hilfe.

Die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) begrüßte die „friedliche und ruhige“ Wahl. „Die Tatsache, dass die Wahl größtenteils in einer ruhigen Umgebung stattgefunden hat, macht sie zum historischen Ereignis“, sagte der OSZE-Vorsitzende Solomon Passi in einer in Sofia verbreiteten Erklärung. Das OSZE-Wahlteam sei der Auffassung, dass die Forderungen zur Annullierung der Wahl „unbegründet“ seien.

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